Schwerpunktbeitrag

Rada Rodriguez, Signify

11.05.2021

Klimaziele der Bundesregierung nur mit grünem Strom erreichbar

Es gibt kaum noch jemanden, der die Notwendigkeit von nachhaltiger Entwicklung in Frage stellt. Aber WIE das geschehen soll, sorgt für kontrovers geführte Diskussionen und beschäftigt gleichermaßen die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Deutsche Elektroindustrie steht trotz der enormen Vielfalt und Breite einig: Nachhaltige Entwicklung ist eine Grundvoraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und sie schafft Arbeitsplätze und Wohlstand. Aber was technologisch möglich ist, deckt sich nicht zwangsläufig mit dem, was wirtschaftlich und gesellschaftlich sinnvoll ist. Es gibt viele Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um die Komplexität der Transformation zu bewältigen – und damit das, was an einem Ende erreicht wird, am anderen Ende nicht wieder Schaden verursacht. 

So eine Bedingung ist der Grüne Strom. Europa und Deutschland haben ambitionierte Klimaschutzziele. Wir wollen der erste CO2-neutrale Kontinent im Jahr 2050 werden und haben dafür die Zwischenziele bereits deutlich verschärft. Aber Deutschland möchte auch eine Industrienation bleiben. Die Historie zeigt, dass eine starke und fortgeschrittene Industriebasis nicht nur qualifizierte Arbeitsplätze und dadurch Wohlstand und soziale Integration ermöglicht; sie generiert auch die notwendige F&E für die Zukunft. Ohne die privatwirtschaftlichen Investitionen in Zukunftstechnologien können wir die Entwicklung nicht nachhaltig gestalten. 

Der Grüne Strom ermöglicht die Entwicklung in Richtung einer All Electric Society. Das bedeutet, dass wir die fossilen Energieträger kurz- bis mittelfristig in Sektoren wie Energie, Gebäude und Mobilität ersetzen und dass wir langfristig die energieintensiven Industriezweige stark dekarbonisieren können. Die Deutsche und Europäische Wasserstoffstrategie und die verschiedenen Initiativen in diesem Bereich werden die Entwicklung fördern und beschleunigen. In Deutschland betrug 2019 der Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Strommix 43%. Auch wenn dies eine große Leistung ist, ist es nicht genug. Der Strombedarf in einem „All Electric Society“-Szenario wird steigen, weil mehr elektrisch betrieben wird. Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft bedingt einen Ausbau der IT-Infrastruktur. Die Annahme, dass die Energieeffizienz-Maßnahmen den steigenden Strombedarf voll kompensieren können, ist riskant und könnte die Elektrifizierung wie auch die Digitalisierung der Industrie hemmen. Nur wenn wir genügend preiswerten, grünen und „zuverlässigen“ – also ganzheitlich nachhaltigen – Strom haben, können wir das wirtschaftliche Wachstum vom CO2-Ausstoß entkoppeln und unsere Klimaziele erreichen und eine erfolgreiche Industrienation bleiben.

 

Ihre Rada Rodriguez
Präsidentin Orgalim und ZVEI-Vorstandsmitglied
Vorsitzende der Geschäftsführung Signify GmbH