Europa & International
19.06.2023
„Dass der persönliche Dialog zwischen chinesischen und deutschen Entscheidern aus Politik und Wirtschaft wieder aufgenommen wird, ist sehr wichtig und auch überfällig“, sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, mit Blick auf die morgen anstehenden deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. „Der chinesische Markt ist für die Elektro- und Digitalindustrie von größter Bedeutung. Trotz der angespannten Lage in vielen Bereichen darf zwischen den beiden Seiten kein Decoupling stattfinden.“
China ist zusammen mit den USA der wichtigste Exportmarkt und nach den USA zweitgrößter Standort für ausländische Direktinvestitionen der Branche. Gleichzeitig ist das Land der mit Abstand größte Lieferant elektronischer und elektrotechnischer Erzeugnisse nach Deutschland. Weber: „Ein funktionierender Handel zwischen Europa und China ist für beide Seiten gewinnbringend. Dieser muss jedoch zu gleichen Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen stattfinden.“ Es brauche ein Level-Playing-Field, konsequente Reziprozität und De-Risking, also die Minimierung einseitiger oder zu großer Abhängigkeiten. Das gehe nur, indem Europa mit einer Stimme zu China spreche und konsequent und auf Augenhöhe für seinen Standpunkt und seine strategischen Interessen einstehe. „Wir haben in Europa viele Assets – wie etwa den Binnenmarkt und die Technologieführerschaft rund um Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung für die grüne Transformation – und können selbstbewusst gegenüber China auftreten.“
Es brauche daher 'mehr Europa' auch beim Aufsetzen einer Chinastrategie. Deren Entwicklung als Teil der deutschen nationalen Sicherheitsstrategie sei zwar zunächst ein richtiger Schritt, müsse aber nun unbedingt auf europäischer Ebene mit den anderen Mitgliedstaaten eng abgestimmt und unter dem Blickwinkel der Risikominimierung ausgearbeitet werden.
Chancen und Risiken müssen realistischer gegeneinander abgewogen werden. Unter dem Dreiklang 'Chancen nutzen, Herausforderungen annehmen, Risiken managen' brauche es daher eine Sensibilisierung von der EU- bis zur Kommunalebene für geopolitische Konsequenzen. Hier könne die Politik Transparenz und damit einen verlässlichen Rahmen für unternehmerische Investitionsentscheidungen schaffen.