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24.08.2022

Isolationsmaterialien im Einsatz von DC Netzen

DC-INDUSTRIE – Forschung für den Aufbau eines Gleichstromnetzes zur Vermeidung von u.a. Umwandlungsverlusten in der Energieverteilung

Die Bundesregierung fördert viele Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele. Eine davon ist das Forschungsprojekt „DC-INDUSTRIE“, welches der ZVEI mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft betreut. Dahinter steht die Erkenntnis, dass sehr viele unserer elektrischen Betriebsmittel heute schon eigentlich mit Gleichstrom, also Direct Current (DC), betrieben werden. Die Umwandlung von z.B. Photovoltaik-DC-Strom in Wechselspannung für den Transport und die Rückverwandlung in Gleichstrom für die Geräteversorgung erzeugt vermeidbare Verluste. Besonders in Microgrids, wie geschlossene Firmenparks, ist es daher sinnvoll, neben dem AC- auch ein DC-Netz zu verwenden. 

Nach dem ersten DC-INDUSTRIE Projekt (2016-2019) untersucht das zweite DC-INDUSTRTIE2 Projekt nun verstärkt auch die Eignung der üblichen Isolationsmaterialen als Werkstoff für DC-Anwendungen. Wesentlich für Isolationsmaterial bei DC ist dabei die stets gleiche Ausrichtung des elektrischen Feldes. Daher findet man in der Publikation „Systemkonzept für DC-INDUSTRIE2“ des ZVEI zusammen mit den Projektpartnern folgende Aussage: 

„Aufgrund der Polarisierung kann sich Isolationsmaterial unter DC-Belastung anders verhalten als bei AC. Daher wird dieses Thema zurzeit in diversen Forschungsprojekten untersucht. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass sich viele etablierte Materialien auch für DC eignen.“ 

In PV-Anlagen sind Kreisspannungen bis 1.500 VDC möglich, in Windkraftanlagen werden Zwischenkreisspannungen bis 1000 VDC und mehr zum geregelten Übertragen der Leistung ins Fernnetz verwendet und Elektroantriebe in E-Fahrzeugen werden je nach Leistungsklasse auch mit 900 VDC und mehr betrieben. Diese Spannungen liegen weit unter den Spannungen, die in den HGÜ`s (Hochspannungsübertragungsleitungen) verwendet werden, bei denen elektrochemisch bedingte Korrosion, Streuströme und elektromagnetische Probleme bereits gut bekannt sind. Jedoch liegen die Spannungen auch weit über denen üblicher 230/400VAC Anwendungen und den Jahrzehnte-langen Erfahrungen mit den Isolierwerkstoffen dort. 
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Galvanikbetrieb werden sofort darauf hinweisen, dass es unter Gleich¬spannungs¬bedingungen in einem elektrolytisch leitenden Umfeld zu einer Metallionen¬wanderung kommt. Das ist die Grundidee der Galvanik, kann aber bei DC-betriebenen Baugruppen zu einem Ausfall führen. Allerdings sind Untersuchungen von Isolationsmaterialien in Bezug auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Tracking (Ausbilden eines leitfähigen Pfades auf der Oberfläche), elektrochemische Migration (Diffusion von Metallionen in das Isolationsmaterial hinein) und die Polarisation des Kunststoffes und die Auswirkung auf die Lebensdauer sehr komplex und umfangreich. Um zwei extreme Beispiele zu nennen: PVC und Polyamid sind stark polare Kunststoffe und nehmen zum Teil viel Wasser auf (PA 6 bis zu 3,5%, PA 12 bis zu 0,5%). PTFE hingegen ist ein sehr unpolarer Kunststoff, der sehr wenig Wasser aufnimmt (hydrophob). Bei Spannungen von 300…1000 VDC in einer feuchten Umgebung (z.B. Verschmutzungsklasse 3 oder Außenbereich) gibt es entscheidende Unterschiede in der Spannungsfestigkeit. Diese resultieren nicht nur aus den Unterschieden bei der Spannungsfestigkeit des Kunststoffs selbst, sondern seiner Fähigkeit, die Metallionenwanderung zu unterbinden. 

Im Projekt DC-INDUSTRIE2 laufen zurzeit Untersuchungen zu Kunststoffen, um ihren Einsatz im DC-Netz zu bewerten. Daraus leiten sich Empfehlungen u.a. für die Normgestaltung ab. In weiteren Arbeitsschritten werden auch Geräte-Komponenten wie Gehäuse und darin verbaute Bauteile untersucht. Phänomene wie Teilentladung als Grenzflächen-Erscheinung verhalten sich durch den fehlenden Null-Durchgang der Gleichspannung signifikant anders, was Auswirkungen auf die Luft- und Kriechstreckenvorgaben haben kann. 

Die Technische Kommission des FV EWIS hat die Zusammenarbeit mit dem geförderten Projekt DC-INDUSTRIE aufgenommen, zu dem man weitere Informationen unter: DC-INDUSTRIE2 - Offenes DC Netz für die Industrie (zvei.org) findet.

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