Mehr Bits, bitte

Die Elektrifizierung des Verkehrssektors ist auf einem guten Weg. Nun müssen die Chancen von Automatisierung und Digitalisierung besser genutzt werden.

Strom hat Vorfahrt. Nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Kunden finden Elektrofahrzeuge immer mehr Anklang. So steigerten die Stromer 2020 in Deutschland bei den Pkw ihren Marktanteil auf 13,5 Prozent. Obwohl der von Corona geplagte Gesamtmarkt um ein Fünftel schrumpfte, wurden fast dreimal so viele Pkw mit Elektroantrieb zugelassen wie im Vorjahr. Auch bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur ging es voran, allerdings mit geringerem Tempo: Ende November waren in Deutschland rund 33.000 Ladepunkte registriert, 8.000 mehr als im Vorjahr. Eine neu eingerichtete Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur soll den weiteren Ausbau beschleunigen, sie hat allerdings die Arbeit erst aufgenommen und kann noch wenig Ergebnisse vorweisen. Für das private Laden hat die Bundesregierung ein wichtiges Hemmnis beseitigt: In Mehrgeschossgebäuden muss nicht mehr die komplette Eigentümerversammlung zustimmen, wenn einzelne Parteien Ladevorrichtungen installieren wollen. „Insgesamt brauchen wir mehr Tempo für den Markthochlauf der Elektromobilität“, sagt Christoph Stoppok, der im ZVEI den Leitmarkt Mobilität verantwortet. Wichtig ist ihm für die nächsten Jahre: „Die Politik sollte den Anbietern und Kunden die hohe Bedeutung der Elektromobilität signalisieren, indem sie die bestehende Regulierung so abändert, dass sie für Anbieter und Kunden passt.“ Offen sei nun vor allem noch die Frage, wie weit der Straßengüterverkehr elektrifiziert werden könne – und welche Rolle dabei Wasserstoff als Speichermedium für grünen Strom spielen soll.

976.000 Ladepunkte

                                                              müssen bis 2030 noch aufgebaut werden.

In allen Zukunftsvisionen für den urbanen Verkehr spielt der Pkw allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Ausgerechnet der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), der immer wichtiger werden soll, kam in der Pandemie jedoch unter die Räder. Zwar fehlen derzeit valide Daten zu einem veränderten Mobilitätsverhalten weitgehend. Doch es gibt Indikatoren wie den Google-Mobilitätsindex, aus dem hervorgeht, dass der ÖPNV Marktanteile verloren hat, nicht nur an das Auto, sondern auch an das Fahrrad. Dennoch prognostiziert Stoppok: „Auch wenn es nach der Pandemie mehr Homeoffice und weniger Berufspendler geben wird, nimmt die Mobilität und damit auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wieder zu.“ 

Mindestens so relevant wie die fortschreitende Elektrifizierung, auf der Straße wie auf der Schiene, sind Automatisierung und Digitalisierung. „Mit 5G steht eine Technologie für den schnellen und sicheren Datenaustausch zur Verfügung“, sagt Stoppok. Den dadurch möglichen Innovationsschub solle man jetzt nutzen. Etwa um durch autonome Fahrzeuge einen besseren Nahverkehr zu ermöglichen. Wichtig sei dafür die Zusammenarbeit aller Akteure, über die Auto- und die Bahnindustrie hinaus. Der Leitmarkt Mobilität soll als übergreifende Plattform innerhalb des ZVEI den dafür notwendigen Dialog ermöglichen. 

Christoph Stoppok

Mehr Dialog führt zu mehr Innovation

Automatisierung, Digitalisierung und Elektrifizierung sind die drei großen Innovationsfelder, mit denen umweltfreundliche Mobilität gesichert werden kann. Das gilt für Personen- und Güterverkehr gleichermaßen, ebenso für alle Verkehrsträger, vom elektrischen Lastenbike bis zum ICE. Doch obwohl die Vernetzung von Fahrzeugen, Infrastrukturen und nicht zuletzt der Verkehrsteilnehmer laufend zunimmt, denken wir auf allen Ebenen noch viel zu viel in Branchenkategorien. Insbesondere die Automatisierung von Verkehren verlangt jedoch auch nach einer Vernetzung von Köpfen. Die beginnt immer mit dem Dialog der Akteure, durch den gemeinsame Interessen identifiziert werden können. Im Leitmarkt Mobilität des ZVEI wollen wir genau diesen Dialog künftig stärker organisieren. Alle Fachverbände, die an der Mobilität der Zukunft arbeiten, sitzen bei uns an einem Tisch.