Schwerpunktbeitrag

Dr. Andreas Gontermann, ZVEI

29.01.2020

Konjunktur 2019 – Ausblick 2020

Das vergangene Jahr war geprägt von Handelskonflikten, langsamerem Wachstum in China, Gezerre um den Brexit sowie einer ganzen Reihe geopolitischer Verwerfungen. Aufgrund der dadurch hervorgerufenen Unsicherheit fiel das weltwirtschaftliche Wachstum 2019 so gering aus wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Dabei traf es vor allem den Handel, die Investitionen und die Industrieproduktion.

Mit allen drei Größen ist die deutsche Elektroindustrie aufs Engste verquickt. Entsprechend musste sie im vergangenen Jahr Rückgänge hinnehmen. Die preisbereinigte Produktion fiel um vier Prozent. Der Umsatz gab um mehr als ein Prozent nach. Aggregiert dürfte er sich im letzten Jahr auf 191 Milliarden Euro belaufen haben – nach 193,5 Milliarden Euro 2018.

Trotz der konjunkturellen Abschwächung ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche im letzten Jahr stabil geblieben. Mit 888.000 liegt sie heute um fast 80.000 höher als vor zehn Jahren. 60 Prozent der Beschäftigten sind MINT-Kräfte. Mehr als jeder zehnte ist im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Damit ist auch gesagt, dass der Fachkräftemangel für unsere Branche eine Herausforderung bleibt.

Entgegen den Rückgängen bei Produktion und Umsatz konnten die Exporte der deutschen Elektroindustrie auch 2019 weiter zulegen. Allerdings fiel ihr Zuwachs mit gut zweieinhalb Prozent deutlich geringer aus als in den vorangegangenen Jahren.

Bis zuletzt ist die konjunkturelle Lage (nicht nur in Deutschland) von der schwachen Entwicklung in der Industrie und bei den Investitionen einerseits, aber einer robusten Entfaltung des Bau- und Dienstleistungssektors sowie des Konsums andererseits gekennzeichnet. Dass dieses Auseinanderdriften dauerhaft anhält, ist eher unwahrscheinlich. Insoweit ist die Frage: Ziehen Rückgänge in der Industrie früher oder später auch den Konsum runter, oder bedingt umgekehrt ein widerstandsfähiger Konsum, dass sich auch im Verarbeitenden Gewerbe eine wirkliche Belebung einstellt? Hier kommt der weiteren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle zu.

Wir glauben, dass die Talsohle des jüngsten Abschwungs inzwischen durchschritten sein könnte. Im Verlauf dieses Jahres dürfte sich eine Erholung einstellen – vorausgesetzt, in den Handelsauseinandersetzungen ergeben sich keine neuerlichen Verschlechterungen und der Brexit läuft geordnet ab. Wir erwarten aber keinen kräftigen Aufschwung. Die Entwicklung bleibt fragil und ein hoher Grad an Unsicherheit das größte Problem.

Positiv wird sich 2020 auswirken, dass das Jahr vier Arbeitstage mehr hat. Gleichzeitig starten wir aber mit einem statistischen Unterhang ins laufende Jahr, den es zunächst einmal aufzuholen gilt. Unterm Strich sollte sich die heimische Elektroproduktion damit allenfalls stabil entwickeln.

 

Dr. Andreas Gontermann

Chefvolkswirt
Leiter Abteilung Wirtschaftspolitik, Konjunktur und Märkte