26.05.2020

Industrielle Ökosysteme für Europa – Erwartungen an den EU Recovery Plan

Für den 27. Mai wird ein umfangreiches Maßnahmenpaket der EU-Kommission erwartet – bestehend aus drei Initiativen: Eine europäische Wiederaufbau-Strategie (EU Recovery Action Plan) in Form einer Mitteilung an die Mitgliedstaaten, der Entwurf eines Mehrjährigen Finanzrahmens (MFF) für die Jahre 2021-27 sowie ein angepasstes Arbeitsprogramm 2020. Die Veröffentlichung wurde mehrfach verschoben, da der Abstimmungsbedarf zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaatengroß groß ist.

Nun liegen die Hoffnungen darauf, dass ein Europa-umfassender und konsistenter Plan zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft vorgelegt wird, der eine in der Europäischen Union abgestimmte Vorgehensweise und Einigkeit im Handeln bedeutet und die für die Zukunftssicherung notwendigen Finanzmittel aktiviert. Die Deutsch-Französische Initiative von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Macron am 18. Mai hat die Grundlage für dieses Maßnahmenpaket geschaffen. 

Der ZVEI erwartet, dass die in der ursprünglichen Programmatik der EU-Kommission verankerten Ziele des „Green Deal“ und der „Digitalisierung“ weiterhin die Hauptpfeiler der angekündigten Maßnahmen sein werden. Im Bereich des Green Deal rechnen wir mit einer verstärkten Fokussierung auf die Renovierung von Gebäuden, die für 36 Prozent der CO2-Emissionen stehen. Auch in der Mobilität sollen Schwerpunkte gesetzt werden: zum Beispiel beim Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur und mit Blick auf übergreifende Mobilitätslösungen gerade im städtischen Umfeld.

Besondere Bedeutung für die Elektroindustrie haben auch die Vorschläge von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, der sich für sogenannte „Industrielle Ökosysteme“ in der EU einsetzt. Dieser Ansatz basiert zum einen auf der Notwendigkeit, bestimmte Branchen aus der Corona-Krise zu führen, zum anderen auf den Ergebnissen des EU Strategic Forums von 2019 und den Empfehlungen, welche strategischen Wertschöpfungsketten für Europa von besonderer Bedeutung sind – und wie die für Zukunftsprojekte notwendigen aber hohen und risikointensiven Investitionen durch „important projects of common European industry“ (IPCEIs) wettbewerbsrechts-konform generiert werden können.

Mithilfe der IPCEIs können wir unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken und gleichzeitig mehr Resilienz in Europa schaffen. Der Elektroindustrie kommt als Lösungsanbieter und Querschnittsbranche, die in die wichtigsten Leitmärkte Industrie 4.0, Energie, Mobilität, Gesundheit und Gebäude eingebunden ist, eine besondere Bedeutung beim Aufbau der Ökosysteme zu. Gerade auch mit Blick auf die Schaffung von Datenräumen, einem branchenspezifischen Daten-Ökosystem sowie beim 5G-Netzausbau und in der Cybersicherheit müssen Schwerpunkte der politischen Arbeit für den Binnenmarkt gesetzt werden.

Der ZVEI unterstützt den EU Green Deal und die Digitalisierungsagenda auch nach der Covid-19-Krise. Der Klimaschutz und die Digitale Transformation bleiben unsere wichtigsten Herausforderungen. Mit Blick auf die Diskussion zum Green Deal unterstützen wir die ambitionierten Ziele, setzen uns aber gleichzeitig dafür ein, jetzt zügig konkrete Maßnahmen zu realisieren – um dann in einigen Jahren das Erreichte erneut zu überprüfen.