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Digitalisierung
13.05.2024
China hat die strategische Bedeutung von Normen und Standards erkannt. Europa muss diese Herausforderung annehmen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Brüssel Insights
China hat die strategische Bedeutung von Normen und Standards erkannt. Europa muss diese Herausforderung annehmen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Normungsprozesse sind von entscheidender Bedeutung, um zum Beispiel bei Künstlicher Intelligenz oder im Green-Tech-Bereich die Marktführerschaften zu erringen. China hat das erkannt und baut seine Präsenz in internationalen Normungsgremien konsequent zu seinem wirtschaftlichen Vorteil aus. So schnellte in der Internationalen Organisation für Normung (ISO) die Zahl der chinesisch besetzten Sekretariate kräftig nach oben: von sechs im Jahr 2000 auf 79 im Jahr 2019. Und in den 69 IEC-Arbeitskreisen zur E-Mobilität kommen heute mehr als 50 Prozent der Vorsitzenden aus Asien. Deutschland kommt auf 16 Prozent.
Angesichts der gerade rapide fortschreitenden Elektrifizierung und Digitalisierung ist es für die deutsche und europäische Industrie von entscheidender Bedeutung, in den internationalen Normungsgremien auch künftig eine starke Rolle einzunehmen. Zudem sollten europäische Normen so weit wie möglich identisch mit internationalen Normen sein, da gerade der deutsche Mittelstand unter einer Fragmentierung der Normen leiden würde. Protektionismus oder Gemeinsame Spezifikationen (Common Specifications) als Alternative zu harmonisierten europäischen Normen sind hingegen nicht zielführend, weil diese eine Entkoppelung von der internationalen Normung darstellen.
Normen sind überall - und helfen der Wirtschaft, wie diese Zahlen zeigen.
Besonders wichtig ist, dass das Fachwissen der Expertinnen und Experten aus der Unternehmenspraxis direkt in den Normungsprozess eingebracht werden kann. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sind aber die hohen Reise- und Personalkosten im Zusammenhang mit Normungsaktivitäten ein großes Hemmnis, wenn es um das Engagement in den Gremien geht. Der ZVEI schlägt darum vor, das etablierte Instrument der steuerlichen Forschungszulage um den Bereich der Normung zu erweitern. Personal- und Reisekosten für die Normungsaktivitäten könnten dann steuerlich abgesetzt werden – ohne dass dafür ein zusätzliches Gesetz oder neue Haushaltsposten nötig wären.
Die Herausforderung durch China zeigt: Normung muss in der Prioritätenliste der Unternehmen und der Politik dringend deutlich nach oben rutschen. Sie hat nicht nur eine technische, sondern auch eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Bedeutung. Anders gesagt: Normung ist heute zu einem Thema mit großer geostrategischer Brisanz geworden.
Text Sarah Bäumchen | Bild ZVEI/Laurence Chaperon; Illustration shutterstock.com/brichuas, shutterstock.com/Stoker-13
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.2024 am 15. April 2024 erschienen.