Folge 34: Gesetzgeber korrigiert „Erprobungsregel“ zur Erzeugung von Evidenz

Bisherige gesetzliche Lösungsansätze: „Erprobungsregel“ und „Frühe Nutzenbewertung“

Im Jahr 2012 trat das Versorgungsstrukturgesetzes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in Kraft. Damit wurde auch der § 137e SGB V  (Sozialgesetzbuch, Buch fünf) eingeführt, durch den Hersteller nun die Möglichkeit haben, die Aufnahme von Methoden in den Leistungskatalog der GKV – primär ambulant – aktiv voranzutreiben. Voraussetzung für die sogenannte Erprobungsregel ist, dass das Potential einer Methode erkennbar ist, aber noch keine hinreichende Evidenz vorliegt.

2015 trat das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz in Kraft. Der darin enthaltene § 137h SGB V gibt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Möglichkeit, unter besonderen Voraussetzungen selbst eine (frühe) Nutzenbewertung im stationären Bereich auszulösen. Die Regelungen der §§ 137e und 137h – gerade auch dort, wo 137h zu einer Erprobung führt – haben sich jedoch als wenig praktikabel erwiesen.

Korrektur durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

Die gesetzlichen Neu-Regelungen des TSVG sehen unter anderem vor,

  1. dass die Hersteller Studien im Rahmen einer Erprobungsrichtlinie weiterhin auf eigene Kosten selbst beauftragen (und bezahlen) können, aber nicht mehr müssen. Alle anderen Erprobungsstudien werden vom G-BA durchgeführt und finanziert. Dies sollte auch der Trittbrettfahrerproblematik entgegenwirken. Alle betroffenen Hersteller haben dadurch ein Interesse, gleichartig an der Evidenzerzeugung mitzuwirken.
  2. dass die vom G-BA sehr restriktiv ausgelegte „Potenzialprüfung" vom Gesetzgeber wieder abgeschafft wird. Dies verkürzt den Prozess verkürzen und verbessert dessen Kalkulierbarkeit.
  3. dass die Krankenhäuser bei ihren Nutzenbewertungs-Anträgen (NUB) künftig das Einvernehmen mit dem betroffenen Anbieter herstellen müssen. Bisher reichte es aus, sich ins Benehmen zu setzen. Diese Verbesserung im stationären Bereich hilft den Herstellern zur rechtzeitigen Sammlung von Evidenz.
  4. dass die Beratungsmöglichkeiten für Unternehmen durch den G-BA erweitert werden. Auch das erhöht die Kalkulierbarkeit des Verfahrens in Bezug auf die jeweiligen Evidenzanforderungen.

Bestehende Problemlage

  1. Die Anzahl möglicher Erprobungen wird auch von der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel des G-BA abhängen. Aufgrund der vorab zu erlasssenden Erprobungsrichtlinie könnte das auch die Erprobungen ausbremsen, bei denen Hersteller zur Kostenübernahme für die Studie bereit sind. Die Einführung eines transparenten Rankings von Bewertungsverfahren würde die Planbarkeit für alle Seiten erleichtern.
  2. Weiterhin fehlt für die Branche ein praktikables Konzept zur Erzeugung von Evidenz. Neben dem generellen wissenschaftlichen Know-how zur evidenzbasierten Medizin sollte ein Instrumentarium zur Methodenbewertung mit Medizinprodukten unter Führung des Bundesministerium für Bildung und Forschung entwickelt werden.