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ampere 2025
21.07.2025
In Forchheim stellt Siemens Healthineers Strahlungsquellen für Computertomographen und Durchleuchtungsgeräte her – hoch automatisiert, digitalisiert und teilweise völlig im Dunkeln.
Beste Praxis
In Forchheim stellt Siemens Healthineers Strahlungsquellen für Computertomographen und Durchleuchtungsgeräte her – hoch automatisiert, digitalisiert und teilweise völlig im Dunkeln.
Sie sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken: Computertomographen, die hochauflösende Bilder aus dem Inneren des menschlichen Körpers liefern. Für die Behandlung von Patientinnen und Patienten werden außerdem solche Geräte immer wichtiger, mit denen Ärztinnen und Ärzte unter bildgebender Kontrolle und über Katheter zum Beispiel das Wachstum von Tumoren hemmen oder Stents setzen können. Eines haben beide gemeinsam: Sie benötigen starke und präzise Strahlungsquellen, um optimale Ergebnisse liefern zu können.
Genau solche Hochleistungs-Röntgenquellen produziert Siemens Healthineers in seinem High Energy Photonics Center (HEP) in Forchheim nahe Nürnberg. Die Anlage im Industriegebiet direkt am Main-Donau-Kanal ist seit Ende 2023 in Betrieb, hat rund 400 Millionen Euro gekostet und setzt neue Maßstäbe innerhalb des Konzerns. „Das HEP ist unsere Leuchtturmfabrik“, sagt Jens Fürst, verantwortlich für Digitalisierung und Automatisierung in der Hightech-Fabrik. „Was wir hier lernen, wird auch den anderen Standorten unseres Produktionsnetzwerks zugutekommen.“ Andere Branchen wollen ebenfalls von den Erfahrungen im HEP profitieren: „Wir bekommen viel Besuch von Vertretern anderer Industrien, die sich unsere Produktionsprozesse ansehen“, berichtet Fürst.
In Forchheim können diese Vertreterinnen und Vertreter besichtigen, wie aus den aus anderen Siemens-Healthineers-Werken zugelieferten Komponenten innerhalb weniger Tage ein kompletter Röntgenstrahler entsteht – teilweise von Roboterhand und stets penibel überwacht. Die ersten Schritte bei der Herstellung eines neuen Strahlers finden im Reinraum des HEP statt. Dort werden der Glaskolben sowie die Anode und die Kathode aus Metall vor dem Zusammenbau in Öfen erhitzt, damit alle Feuchtigkeit aus ihnen entweicht. Mitarbeitende müssen hier nicht eingreifen, weshalb dieser Prozess vorzugsweise nachts stattfindet. Dann ist das HEP menschenleer und aus Effizienzgründen in Zukunft nicht beleuchtet – es wird zur „Dark Factory“. Danach werden die Metallkomponenten von Mitarbeitenden per Schweißen zusammengefügt.
Im nächsten Schritt saugt eine Pumpe die Luft aus dem Kolben – auch Röhre genannt – und erzeugt so ein Vakuum im Inneren. Zudem wird eine Hochspannung zwischen Anode und Kathode gelegt, um kleinste Unebenheiten auf ihren Oberflächen wegzubrennen. Auch diese Schritte finden nachts statt. Danach bauen Mitarbeitende die Röhre in ein Gehäuse ein, das auch das Hochvoltsystem, die Elektronik und den Antrieb des Strahlers beherbergt. Als Kühl- und Isolationsmittel wird im darauffolgenden Schritt Öl in den Strahler gefüllt, bevor er zur finalen Qualitätskontrolle gelangt. Dort muss er beweisen, dass er gute Bilder liefert und die Grenzwerte für Leckstrahlung und Laufgeräusche einhält. „Ist alles im grünen Bereich, wird der neue Strahler verpackt, ins Siemens-Healthineers-Werk direkt gegenüber geliefert und dort in einen neuen Computertomographen oder ein neues Angiographiegerät eingebaut“, so Fürst.
Die hohe Automatisierung ist eine der Besonderheiten des HEP. Immer wieder arbeiten dort Menschen und Roboter Hand in Hand, etwa beim Transport der entstehenden Strahler von einem Produktionsschritt zum nächsten. Zudem ist die Produktion voll digitalisiert: Während des Produktionsprozesses werden permanent Daten erfasst, aus denen ein digitaler Zwilling jedes einzelnen Strahlers entsteht. „Unsere Produkte müssen enge Toleranzen einhalten“, erklärt Fürst. „Durch die ständigen Messungen erkennen wir sofort, ob die Fabrik korrekt läuft, und können gegebenenfalls gegensteuern.“ Mithilfe von Künstlicher Intelligenz kann man im HEP sogar feststellen, wie umfangreich man jeden Strahler prüfen muss – was bis zu 50 Prozent Aufwand einsparen kann.
Siemens Healthineers hat sich übrigens bewusst für den Standort Deutschland entschieden. „Hier profitieren wir neben einer guten Logistik auch von bestens ausgebildeten Fachkräften und der Nähe zu erstklassigen Universitäten, wo wir beispielsweise die Prototypen neuer Geräte testen können“, sagt Peter Schardt, CTO von Siemens Healthineers. „Als weltweit aktives Unternehmen können wir mit einem hohen Maß an Digitalisierung und Automatisierung die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in global wettbewerbsfähige Produkte Made in Germany umsetzen und diese fertigen.“
Text Christian Buck | Foto Siemens Healthineers, Illustration DesignCuts / bloomua
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2025 am 24. März 2025 erschienen.