Schwerpunktbeitrag

Dr. Helmut Gassel, Infineon Technologies

24.06.2021

Ein Leben ohne Halbleiter ist kaum noch vorstellbar

Dr. Helmut Gassel, Vorstand und Chief Marketing Officer bei der Infineon Technologies AG, über die Bedeutung von Halbleiterchips, die Charakteristik der Industrie und warum die europäische Antwort auf die Lieferengpässe eine mehrgleisige sein muss.

Unsere Welt, wie wir sie heute kennen, wäre ohne Halbleiterchips kaum noch vorstellbar. Die Bedeutung der Digitalisierung - und damit auch von Halbleitern – ist vielen Menschen erst im Zuge der Pandemie wirklich bewusst geworden. Sie hat uns gezeigt, wieviel Kraft und Zukunft in den digitalen Plattformen und in innovativer Elektronik steckt. 

Der Digitalisierungsschub, die Energie- und Mobilitätswende und nicht zuletzt der anhaltend hohe Bedarf an elektronischen Geräten für Beruf, Freizeit oder Gesundheit - all dies führt zu einer erheblichen Halbleiternachfrage, die das Angebot in vielen Anwendungsbereichen derzeit übersteigt. Das stellt die gesamte Branche vor große Herausforderungen.
Der hohe strukturelle Halbleiterbedarf unterstreicht die strategische Bedeutung eigener Fertigungskapazitäten. Infineon setzt daher konsequent auf den Ausbau der Kapazitäten der Eigenfertigung für Leistungshalbleiter und Sensoren. 

Europa muss heute die Weichen für die Zukunft stellen. Daher ist die Initiative von EU-Kommissar Breton ausdrücklich zu begrüßen, die Chip-Produktion in Europa auszubauen, und so die technologische Souveränität und regionale Unabhängigkeit zu stärken. Das neue „IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien“ ist das richtige Instrument, um politische Unterstützung, Ressourcen und Know-how zu kanalisieren. 

Auf dem Weg unsere Chipindustrie zukunftsfähig zu machen, muss Europa einen mehrgleisigen Ansatz verfolgen. Einerseits sollte man die Kapazitäten im Bereich von 28 bis 12 Nanometer aufbauen und dadurch mittelfristig für den Bedarf rüsten, der sich in den Anwendungen europäischer Unternehmen abzeichnet. Dies schafft auch die notwendigen Kompetenzen, um in einer späteren Phase noch kleinere Strukturen anzugehen. Damit lassen sich Produktion, Design und Anwendung modernster Mikroelektronik und damit digitale Souveränität in Europa dauerhaft verankern.