Presse

09.02.2023

ZVEI fordert Neuausrichtung der EU-Industriepolitik, schnelle Umsetzung dabei essenziell

7/2023

  • Investitionen in der EU müssen wettbewerbsfähiger werden
  • Standortbedingungen müssen rasch verbessert werden: Energiepreise senken, Handelsvereinbarungen schließen und endlich entbürokratisieren

Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, sagt anlässlich des EU-Gipfels:

„Europa braucht dringend eine Neuausrichtung seiner Industriepolitik – und dafür müssen alle 27 Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen. Der von der EU-Kommission vorgelegte Green Deal Industrial Plan zeigt in die richtige Richtung, insbesondere mit Blick auf grüne Technologien, und wird durch die Elektro- und Digitalindustrie unterstützt. Aber: Eine weitere Strategiehülle, der keine oder zu langsame Taten folgen, können wir uns nicht leisten. Daher geht es nun darum, einen neuen industriepolitischen Rahmen zu schaffen, in dem Instrumente effizienter eingesetzt, und vor allem Maßnahmen rasch umgesetzt werden. 

Derzeit sehen wir in infolge des Inflation-Reduction-Act (IRA) in unserer Branche in der Breite keine Abwanderungspläne in Richtung USA. Damit sinnvolle und teils bereits durchgeplante Investitionen in Europa nun auch erfolgen, müssen wir unsere Standortbedingungen in Europa generalüberholen. Das betrifft sowohl die zu hohen Strompreise, ebenso wie den steigenden Fachkräftemangel und bürokratische Planungs- und Genehmigungsverfahren, etwa bei IPCEIs. Diese bieten große Chancen, müssen aber unbedingt schneller und einfacher werden. Neue oder weitergehende Auflagen – etwa durch das Lieferkettengesetz – müssen zudem konsequent vermieden werden

Der Fokus muss auf Projekten liegen, die auf eine Stärkung industrieller Ökosysteme, Schlüsselindustrien und strategischer Lieferketten abzielen. Dazu zählen Investitionen in Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung, die erhebliche Effizienz- und Resilienzgewinne mit sich bringen. Für diese Projekte müssen bereits existierende Finanzmittel aus EU- und nationalen Töpfen gebündelt und neu priorisiert werden. Neue gemeinschaftliche Schulden, wie mit dem angedachten EU-Souveränitätsfonds geplant, sind zur Zeit nicht nötig. Gleichzeitig müssen die EU-Beihilferegeln den neuen Umständen angepasst werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wettbewerb im EU-Binnenmarkt auf Grundlage neuer Regeln weiterhin ungestört funktionieren muss. 

Schließlich ist eine proaktive Handelspolitik gefragt. Europas Wettbewerbsfähigkeit bedarf enger Kooperationen mit gleichgesinnten Partnern. Bereits verhandelte Freihandelsverträge müssen rasch ratifiziert, laufende Verhandlungen zügig zum Abschluss gebracht werden. Damit einher geht die Reduzierung einseitiger Abhängigkeiten bei kritischen Rohstoffen, unter anderem durch eine stärkere Diversifizierung mittels neuer Rohstoffpartnerschaften. Der Vorschlag einer „grünen Brücke“ zu den USA bietet die Chance einer engeren transatlantischen Zusammenarbeit, damit sich auch europäische Unternehmen bei den vom IRA ausgelösten Investitionen engagieren können.“

Elektrifizierung