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14.04.2023

Ein neue Balance

Die Welt sortiert sich in vielen Bereichen neu. Gefragt ist darum eine neue Balance aus Souveränität und Vernetzung. Innovationen sind der Schlüssel dazu.

Unsere These:

Souverän durch Innovation.

Die Argumente

1. Die Industrie ist die Basis des Wohlstands in Europa.

2. Die Rahmenbedingungen der Unternehmen verändern sich rasant, was neue Chancen eröffnet.

3. Die innovativen Unternehmen aus der Elektro- und Digitalbranche können diesen Wandel ermöglichen. Denn ...

4. … sie entwickeln Produkte und Services, mit denen wir aktuelle Herausforderungen wie die grüne Revolution meistern können. Elektrifizierung und Digitalisierung werden dabei eine zentrale Rolle spielen.

5. Europa und Deutschland können opti­mistisch in die Zukunft blicken, wenn sie jetzt die Weichen richtig stellen.

Bild 1: Stiftung Familien­unternehmen: Deutschland nur auf Platz 18 
Zu hohe Steuern und Arbeitskosten, schwache Produktivität, zu viel Regulierung: Im Länderindex der Stiftung Familienunternehmen schneidet Deutschland nur mäßig ab. Gefordert wird, mehr in Bildung zu investieren.

Quelle: Länderindex Familienunternehmen, 9. Auflage (2023)
 

Bild 2: WIPO Global Inno­vation Index 2022: Gut platziert bei Humankapital und Forschung
Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) sieht Deutschland bei den Innovationen weltweit auf Platz 8. Schwach zeigt sich der Standort bei den Themen „Institutionen“ und „Infrastruktur“.

Quelle: Global Innovation Index 2022

62.000 Fachkräfte fehlen in Berufen der Halbleiterindustrie

Quelle: „Fachkräftemangel in Berufen der Halbleiterindustrie“, Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag von BDI und ZVEI.

Briefing

Eine neue Balance

Die Welt sortiert sich in vielen Bereichen neu. Gefragt ist darum eine neue Balance aus Souveränität und Vernetzung. Innovationen sind der Schlüssel dazu.

Die Wahl dürfte der Gesellschaft für deutsche Sprache nicht schwergefallen sein, als sie auf der Suche nach dem Wort des Jahres 2022 war. An der „Zeitenwende“ führte eigentlich kein Weg vorbei, seit Kanzler Olaf Scholz sie am 27. Februar vorigen Jahres in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag ausgerufen hatte. Anlass war der russische Angriff auf die Ukraine – aber der Begriff bringt auch ein allgemeines Gefühl des Umbruchs auf den Punkt, das weit über den Krieg hinausgeht. Denn auf vielen Gebieten haben sich in den vergangenen Jahren vermeintliche Gewissheiten als trügerisch entpuppt: Die Corona­-Pandemie ließ sicher geglaubte Lieferketten reißen, Energie wurde plötzlich zu einem knappen Gut, und die Inflation erreichte nie gekannte Werte.

Auch geopolitisch verschieben sich derzeit die Gewichte. Wirtschaftliche Abhängigkeiten gera­ten zunehmend in den Blick – etwa bei den Roh­stoffen und Halbleitern. Selbst das Wort von der „Deglobalisierung“ macht die Runde. Hinter diesen Überlegungen steht die Frage: Wie abhängig wollen und dürfen wir von anderen Ländern und Regionen sein? Welches Maß an Souveränität brauchen wir, etwa in strategischen Zukunftsfeldern wie Elektri­fizierung und Digitalisierung? Und was bedeutet „Souveränität“ überhaupt in dieser Zeit? Sicher ist: Autarkie kann damit nicht gemeint sein, weil sich die globale Wirtschaft nicht mehr völlig entflechten lässt – und das auch niemand will. Computerchips reisen zum Beispiel im Schnitt zweieinhalbmal um die Welt, bevor aus dem Rohstoff Silizium ein verpacktes und getestetes Bauteil geworden ist.

Wir müssen also vernetzt bleiben und dennoch souveräner werden. Wie das geht? Zum Beispiel durch Innovationen, die Deutschland und Europa zu einem gleichwertigen Spieler auf der Weltbühne machen. Auf vielen Gebieten sind wir das bereits, etwa in der Chemieindustrie, bei der Industrieautomatisierung oder Leistungshalbleitern. Auf Zukunftsfeldern wie der Künstlichen Intelligenz sind uns Asien und die USA aber oft noch voraus. An denkreativen Köpfen kann es nicht liegen: Im Global Innovation Index 2022 der Weltorganisation für geis­tiges Eigentum (WIPO) erreicht Deutschland in der Rubrik „Humankapital und Forschung“ den zweiten Platz nach Südkorea. Deutlich schwächer schneidet Europas größte Volkswirtschaft bei den Themen „Institutionen“ (Platz 20) und „Infrastruktur“ (23) ab.Insgesamt erreicht Deutschland aber immer noch Platz 8 des Rankings. 

Wenig erfreulich ist Deutschlands Position hin­gegen im Länderindex der Stiftung Familienunternehmen. In der aktuellen Studie reicht es nur für Platz 18 – deutlich hinter den USA und Kanada, aber auch hinter Schweden, der Schweiz und etlichen anderen europäischen Ländern. „Schwach sind (…) die Ergebnisse in den Bereichen ,Steuern‘, ,Arbeitskos­ten‘, ,Produktivität‘, ,Humankapital‘, ,Energie‘ und vor allem ,Regulierung‘“, so die Autoren der Studie. Ihr Rat: „Deutschland sollte die gegenwärtige Krise als Chance zum Abbau lähmender Regulierungslas­ten begreifen.“ Zudem müsse die Bildungspolitik den Abwärtstrend stoppen und umkehren, der bei grund­legenden Fähigkeiten in Mathematik und Deutsch zu beobachten ist.

Bildung ist tatsächlich ein weiterer Schlüssel zu mehr Souveränität. Denn nur mit bestens ausge­bildeten Menschen hierzulande können wir auch in Zukunft Innovationen hervorbringen, Wertschöpfung ermöglichen und als Handelspartner interessant bleiben. Hier drängt die Zeit: Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag von BDI und ZVEI fehlen alleine 62.000 Fachkräfte in den Berufen der Halbleiterindustrie. Zweifellos sind die Herausforderungen in diesem und anderen Bereichen groß – zugleich haben wir es aber selbst in der Hand, heute die Weichen richtig zu stellen. Wenn uns das gelingt, wäre das eine Zeitenwende im allerbesten Sinn des Wortes.

 

Text: Christian Buck  | Illustration: shutterstock/elenabsl, Pexels/Felix Mittermeier

 

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.2023 am 11. April 2023 erschienen.

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