Meet the Expert

Prof. Dr.-Ing. Roman Dumitrescu

14.05.2025

Drei Fragen an Professor Roman Dumitrescu

Prof. Dr.-Ing. Roman Dumitrescu ist Direktor Forschungsbereich Advanced Systems Engineering am Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM und Geschäftsführer der Spitzenclusters it’s OWL. Zudem hat er an der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik der Universität Paderborn die Professur für Advanced Systems Engineering inne. Professor Dumitrescu ist Jury-Mitglied beim Electrifying Ideas Award des ZVEI, welcher in diesem Jahr zum dritten Mal verliehen wird.

KI ist das Thema der Stunde – auch in der Industrie. Inwiefern könnte industrielle KI zum Game Changer werden? Sprechen wir bald womöglich von Industrie 5.0?

Industrielle KI hat das Potenzial, das Engineering und die Produktion grundlegend zu verändern – nicht nur als Effizienztreiber, sondern als echter Innovationsmotor. Mit KI können wir Produkte schneller entwickeln, Prozesse autonomer gestalten und Entscheidungen datenbasiert treffen. Insofern: Ja, KI ist ein Game Changer. 
Ob wir das „Industrie 5.0“ nennen, ist zweitrangig. Entscheidend ist: KI wird zum Betriebssystem industrieller Innovation. Sie bringt das Engineering aus der starren Kette in den kreativen Fluss.
Aber sie funktioniert nur, wenn wir mehr verändern als nur die Software – nämlich auch Rollen, Verantwortlichkeiten und unser Verständnis von Zusammenarbeit. Dann arbeiten Mensch und KI nicht gegeneinander, sondern auf Augenhöhe. Und das ist kein Versionssprung – das ist ein Paradigmenwechsel.

Wie stark ist die deutsche Industrie bei KI aufgestellt? In der öffentlichen Wahrnehmung liegen die USA und China scheinbar weit vorn. Ist das Rennen bereits verloren?

Das Rennen ist offen – aber es läuft. Und wir müssen jetzt Tempo machen. Technologisch ist Deutschland gut aufgestellt, insbesondere in der industriellen KI. Aber oft fehlt die Skalierung: Wir bleiben zu lange im Pilotmodus. Die USA überzeugen mit Plattformen, China mit Geschwindigkeit. Unser Vorteil liegt woanders: in der Tiefe des Prozesswissens, im Mittelstand, in der Verbindung von Forschung und Anwendung. Wenn wir KI nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und kulturell denken – dann haben wir nicht nur gute Karten, sondern eigene Spielzüge.

Die Deutschen gehören zu den weltweit aktivsten Nutzern großer Modelle wie ChatGPT. Was schließen Sie daraus? Und wie könnten sich Unternehmen diese Neugier zunutze machen?

Die Neugier ist da – und sie ist eine Riesenchance. Millionen nutzen KI im Alltag, experimentieren mit Prompts und entwickeln ein Gespür für das Potenzial. Unternehmen sollten das fördern: durch Freiräume, durch Pilotprojekte und durch strategische Partnerschaften mit Hochschulen oder KI-Labs. Gerade im Mittelstand lohnt sich der pragmatische Einstieg: ein klarer Use Case, ein motiviertes Team und ein externer Sparringspartner – so wird KI greifbar. Wer das Wissen seiner Ingenieure mit der Dynamik moderner KI verbindet, der kann nicht nur besser entwickeln – sondern schneller innovieren.