Meet the Expert

Kathrin Glastra

30.07.2025

Drei Fragen an Kathrin Glastra

Kathrin Glastra leitet seit Januar 2025 das European Office des ZVEI am Standort Brüssel. Glastra koordiniert die Interessen der ZVEI-Mitgliedsunternehmen mit Fokus auf EU-Industrie- und Wettbewerbspolitik, dazu zählen auch Themen aus dem Internationalen Handel sowie den transatlantischen Beziehungen der EU mit den USA. Vor ihrem Start beim ZVEI leitete sie mehrere Jahre das Büro eines Mitglieds des Europäischen Parlaments.

Das Weiße Haus verhängt Strafzölle und setzt Verteidigungsausgaben als Druckmittel ein: Was bedeutet der aktuelle Kurs des US-Präsidenten langfristig für die transatlantischen Beziehungen? 

Die Vereinigten Staaten sind einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands und der Europäischen Union. Beide Seiten des Atlantiks profitieren von engen wirtschaftlichen Beziehungen. Dies gilt besonders für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie. Der US-Markt ist weltweit der zweitwichtigste Absatzmarkt für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie. Das ändert sich nicht über Nacht. Aber wir beobachten, dass die neue US-Administration viele alte Gewissheiten in Frage stellt und sich ein Paradigmenwechsel abzeichnet. Darauf gilt es entschlossen und geschlossen im europäischen Verbund zu reagieren. Wir wollen das Verbindende betonen und die transatlantische Kooperation weiterhin pflegen – mit Angeboten an die US-Partner, wo möglich, und allein oder mit anderen Partnern handeln, wo nötig.

Wie blickt man in Brüssel seit dem Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung auf die Politik in Deutschland?

Die neue Bundesregierung wurde in Brüssel mit Spannung erwartet. Nach dem vorzeitigen Aus der Ampel-Koalition und den vorgezogenen Wahlen wurden große Hoffnungen in die schwarz-rote Koalition in Berlin gesetzt. Die ersten Antrittsbesuche des neuen Bundeskanzlers in Warschau und Paris sind positiv aufgenommen worden und haben die „Amtseinführung mit Hindernissen“ schnell in Vergessenheit geraten lassen. Die Erwartungen sind hoch: ein starkes Deutschland kann eine positive und treibende Kraft sein, welche die europäische Wettbewerbsfähigkeit entscheidend zu stärken vermag. Aber das heißt auch: kein „German vote“, sondern „Go Europe“.

Ziel ist der Abbau von Bürokratie, aber wie viel Entlastung kommt vom Omnibusverfahren unter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wirklich bei den Unternehmen an?

Die ganze Flotte von Omnibussen, welche die Europäische Kommission angekündigt hat, verspricht viel. Zu viel? Das bleibt abzuwarten. Aber der Ansatz ist richtig: Regulatorische Vereinfachung und Abbau von Inkohärenzen können mit diesen „Mantel-Gesetzen“ erreicht werden und hoffentlich auch wegweisend für zukünftige schlankere Gesetze wirken. Aber nur, wenn sich die EU-Institutionen jetzt nicht im Klein-Klein des gesetzgeberischen Prozesses verhaken, sondern schnell eine rechtssichere Entlastung auf den Weg bringen. Dann ist das auch für die Unternehmen in Europa ein Gewinn.