12.07.2022

Antwort der EU auf China: Die Global-Gateway-Initiative

Im Dezember 2021 lancierten die EU-Kommission und der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik die „Global Gateway“-Initiative als neue europäische Strategie, als Antwort auf Chinas Projekt Neue Seidenstraße „one belt one road“.

Ziel sei es, zwischen 2021 und 2027 eine Summe von bis zu 300 Milliarden Euro in den Bereichen Digital, Energie und Verkehr zu investieren sowie Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssysteme in Schwellen- und Entwicklungsländern sowie weltweit zu stärken. Geplant sind unter anderem eine neue Unterwasserkabelverbindung zum Datentransport zwischen der EU und Lateinamerika und der Einsatz von grünem Wasserstoff, ebenso Bahnlinien und Internetverbindungen.

Als Hintergrund für die Initiative gilt der stark wachsende geostrategische Einfluss Chinas und dass die Infrastrukturangebote der Neuen Seidenstraße fast ausschließlich zu Aufträgen für chinesische Anlagenbauer führen.

Global Gateway baut auf den Ergebnissen der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie aus 2018, den Konnektivitätspartnerschaften mit Japan und Indien sowie den Wirtschafts- und Investitionsplänen für den Westbalkan, die Östliche Partnerschaft und die südliche Nachbarschaft auf. Im westlichen Balkan sollen alle Hauptstädte der Region untereinander und mit der EU verbunden werden. Finanziert werden soll die Initiative von privaten Anlegern, der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. 

Kenner der stets mit großen Zahlen operierenden EU-Präsidentschaften kritisieren, wie so oft, dass ein großer Teil der Gelder aus bestehenden Programmen umgewidmet wurde. Die eigentliche Herausforderung, insbesondere für die Elektro- und Digitalindustrie, dürfte darin bestehen, dass sich in den vergangenen Jahren viele europäische und vor allem deutsche Anlagenbauer aus Scheu vor Risiken aus dem Geschäft mit schlüsselfertigen Infrastrukturanlagen zurückgezogen haben. Wollten ZVEI-Mitgliedsfirmen von den angestrebten Infrastrukturmaßnahmen als Sublieferanten profitieren, so wären also international operierenden Anlagenbauern die besten Partner. Dazu wird es erforderlich, sich auch regional breiter aufzustellen und wieder strategisch mit internationalem Exportmarketing zu befassen, was in den Zeiten der europäischen Hochkonjunktur in vielen Organisationen keinen hohen Stellenwert hatte. 

Insgesamt ist Global Gateway der Versuch der EU-Kommission, mit einem breiten Programm zur Unterstützung von Infrastrukturprojekten der politischen Führung in Entwicklungs- und Schwellenländern ein alternatives Finanzierungsangebot für Großprojekte zu unterbreiten. Angesichts der chinesischen Expansionspolitik, vor allem in Afrika und Lateinamerika, sollen europäische Hersteller in EU-finanzierten Projekten zum Zuge kommen. Dies setzt voraus, dass die EU hierfür faire Ausschreibungs- und Beschaffungsregeln aufstellt, die eine erfolgreiche Partizipation europäischer Hersteller ermöglichen.