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06.07.2023

ZVEI-Forderungen zum Gebäudeenergiegesetz

Der vorübergehende Stopp des parlamentarischen Verfahrens zum GEG durch das Bundesverfassungsgericht bedeutet, dass die Unsicherheiten für Unternehmen wie Gebäudeeigentümer weitergehen. Der ZVEI fordert alle Parteien auf, die Verzögerung zu nutzen, um die problematischen Aspekte des Entwurfs noch einmal zu überdenken. Dazu gehören u.a. die sehr langen Fristen und begrenzte Verbindlichkeit für die kommunale Wärmeplanung und -umsetzung, die die Wärmewende mehr aufhalten als das Aussetzen der Lesungen. Spätestens nach der Sommerpause muss beim GEG das viel zitierte Deutschlandtempo greifen.

Das Gebäudeenergiegesetz verlangsamt in der vorliegenden Fassung die dringend nötige Wärmewende im Gebäudesektor – dem Sektor, der immerhin für ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist. Die Synchronisierung der kommunalen Wärmeplanung mit dem GEG ist nachvollziehbar, aber zeitlich viel zu großzügig bemessen. Die Planungs- und Investitionsunsicherheiten für Hersteller, Gebäudeeigentümer und Verbraucherinnen und Verbraucher setzen sich damit fort.

Zuletzt unterstrich auch das Umweltbundeamts (UBA), dass im Gebäudesektor deutlich größere Anstrengungen erforderlich sind, um die Klimaziele zu erreichen. Laut „Klimaszenario 2030“ würden vor allem eine Nutzungspflicht für erneuerbare Energien für neue Heizungen, höhere Wärmepumpenförderungen, höhere Sanierungsförderungen und -standards sowie die Mindesteffizienzstandards (MEPS) Wirkung zeigen. Der GEG-Entwurf, der in diesen Tagen zur Entscheidung in Bundestag und Bundesrat ansteht, weicht diese Maßnahmen nach Sicht des ZVEI jedoch auf. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie fordert deshalb, dass insbesondere die erheblich erweiterten Fristen nochmals diskutiert werden. Klimaschutz duldet kein Zögern. Die Wärmewende darf nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Wichtig ist für den ZVEI dabei vor allem, dass der Umstieg im Wärme- und Gebäudesektor attraktiv gestaltet wird. Dazu zählt in erster Linie, den Strompreis endlich von bestehenden Umlagen und Abgaben, wie der Konzessionsabgabe, zu entlasten und die Stromsteuer auf europäisches Mindestmaß zu senken.

Der ZVEI fordert im Einzelnen:

Kopplung der Nutzungspflicht erneuerbarer Energien für Heizungen an kommunale Wärmeplanung überdenken

Entsprechend des aktuellen Gesetzentwurfs zum GEG müssen alle deutsche Kommunen abhängig von der Einwohnerzahl bis spätestens 30.06.2026 bzw. 30.06.2028 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Der ZVEI fordert, dass diese Verpflichtung klar formuliert und auch im kommunalen Wärmeplanungsgesetz verankert wird. Die Einhaltung der Fristen muss kontrolliert werden. Sollte es einer Kommune nicht möglich sein, bis zum genannten Stichtag eine Wärmeplanung vorzulegen, muss dies frühzeitig kommuniziert werden. Unabhängig davon, ob ein Wärmeplan zum Stichdatum vorliegt oder nicht, sollte das 65-%-Gebot sofort greifen. Das schafft Planungssicherheit und verzögert die Wärmewende nicht weiter. 

Die erheblich erweiterten Fristen, wie z. B. die allgemeine Übergangsfrist von fünf Jahren beim Heizungstausch, müssen ebenfalls nochmals diskutiert werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Hersteller in Warteposition zu halten, bis die Wärmeplanung abgeschlossen ist und die Wärmenetze realisiert sind, entschleunigt die Wärmewende im Gebäudesektor massiv. Letztlich verlieren alle Beteiligten nur Zeit. Zeit, die wir angesichts des Klimawandels nicht haben. Dementsprechend sollten Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich für eine dezentrale elektrische Heizlösung entscheiden, keinen Anschlusszwang an ein Wärmenetz befürchten müssen.

Einsatz strombasierter Heizlösungen fördern und aufklären

Bereits jetzt warten Verbraucherinnen und Verbraucher, die eigentlich auf eine Wärmepumpe umrüsten wollen, mit dem Einbau, um vermeintlich höhere Fördersätze zu erhalten. Dabei könnte dies ein Rechenfehler sein, der sich auf Dauer nicht auszahlt. Künftig werden 30 Prozent der Einbaukosten als Sockelförderung gefördert, gedeckelt auf 30.000 Euro. Aktuell sind es noch 40 Prozent auf 60.000 Euro. Der vorgeschlagene Betrag ist zu niedrig und könnte die Umsetzung wichtiger Wärmewendeprojekte gefährden. Die maximal 70 Prozent, die künftig als Förderung möglich sein sollten, dürften nur einen kleinen Teil der Einbauten betreffen, da hier einkommensabhängig berechnet werden wird.

Wichtiger Hebel für den Umstieg im Wärmesektor ist und bleibt aus Sicht des ZVEI ein wirtschaftlich attraktiver Strompreis. Grüner Strom muss schnellstmöglich von Umlagen und Abgaben entlastet werden. Die Mehrwertsteuer sollte analog zum Gas aus sieben Prozent gesenkt werden. Des Weiteren muss das Strommarktdesign dringend reformiert, der Strom- vom Gaspreis entkoppelt werden.

Zudem bedarf es einer fachkundigen Beratung und Aufklärung von Investoren und Nutzern mit klar definierten Inhalten. Die Wärmewende muss in die Breite der Gesellschaft getragen werden. Das gelingt nur, wenn die vorhandenen Potenziale der Elektrifizierung und Digitalisierung erkannt und gehoben werden.  

Sanierungsqoute steigern

Ein klimaneutraler Gebäudesektor ist nur mit einer deutlichen Steigerung der Sanierungsquote und -tiefe realistisch. Die dafür nötigen Technologien existieren bereits und werden von den Unternehmen stetig weiterentwickelt. Um die Sanierungsquote und -tiefe zu steigern müssen sie verstärkt zum Einsatz kommen. Abhängig von Gebäudetechnik und Anwendung sind beispielsweise mindestens sechs Prozent bei Heizungen und fünf Prozent bei Beleuchtung notwendig. Die europäische Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) sieht dies vor. Das GEG und vor allem die begleitende Förderungen über das BEG (Bundesförderung energieeffizienter Gebäude) muss hier die richtigen Anreize auch für Umfeldmaßnahmen schaffen.

PV-Strom, Solarthermie und Lüftungsanlagen mitWärmerückgewinnung müssen anrechenbar sein

Wenn die Nutzung von eigen-erzeugtem PV-Strom, Solarthermie oder Lüftung mit Wärmerückgewinnung angerechnet werden, wird es leichter, das 65-%-Ziel zu erreichen. Durch die Anrechenbarkeit würde aus Sicht des ZVEI der Einsatz klimafreundlicher Technologien zusätzlich angereizt werden.

Die enge Anlehnung von §3 Absatz 1 Nr. 30a "unvermeidbare Abwärme“ des Gesetzentwurfs an den Wortlaut des aktuellen Stands des EPBD-Entwurfs ist nachvollziehbar. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass Technologien ausgeschlossen werden, die einen wesentlichen Beitrag zur Wärmewende leisten können.

Rückgewonnene Wärme aus Ventilatoren-gestützten Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sollte mit 30 Prozentpunkten auf die Erreichung des 65-%-Gebots anrechenbar sein. Der ZVEI schlägt daher vor, das GEG entsprechend anzupassen: Durch Wärmerückgewinnung in Lüftungsanlagen zurückgewonnene Wärme als unvermeidbar einstufen und als Erfüllungsoption in §71 Abs (3) aufzunehmen.

Betriebsprüfung durch qualifizierte Fachkräfte sicherstellen

Eine richtig eingestellte Heizungsanlage und der effiziente Betrieb sind zentral für die Akzeptanz von Wärmepumpen und die Ausschöpfung der Einsparpotentiale. Es ist daher wichtig, dass die Einstellung von Wärmepumpen nur von sachkundigen Personen durchgeführt wird. Die Ausbildung zum Schornsteinfeger oder Weiterbildung zum Energieberater stellt nicht per se die notwendige Expertise zur Durchführung einer Betriebsprüfung von Wärmepumpen sicher. Aus diesem Grund sollten bevollmächtigte Fachkräfte ein Schulungszertifikat vorweisen können, welches die Fähigkeit zur Durchführung der Maßnahmen in §60a-c nachweist.

Einklang mit EPBD schaffen

Wichtig ist zudem, dass Begriffe in GEG und EPBD gleich definiert werden, um Klarheit zu schaffen. Dies gilt aus Sicht des ZVEI insbesondere für „Gebäudetechnische Systeme“, da sie immer Bestandteil eines individuellen Sanierungsfahrplans sind. Gebäudetechnische Systeme ist die technische Ausrüstung eines Gebäudes oder Gebäudeteils für Raumheizung, Raumkühlung, Lüftung, Warmwasserbereitung für den häuslichen Gebrauch, eingebaute Beleuchtung, Gebäudeautomatisierung und -steuerung, elektrisch betriebene Sonnenschutzeinrichtungen, elektrische Anlagen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Erzeugung und Speicherung von erneuerbarer Energie am Gebäudestandort oder für eine Kombination derselben, einschließlich Systemen, die Energie aus erneuerbaren Quellen nutzen. Nur so können frühzeitig Missverständnisse in der Umsetzung vorgebäugt werden, auch hier bedarf es Verlässlichkeit.

 

 

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