Was kann die Digitalisierung beitragen?
Die Digitalisierung ist generell ein mächtiges Werkzeug. Wir nutzen sie allerdings noch viel zu sehr, um „first-world problems“ zu lösen. Es wird viel Innovationskraft verschwendet, um marginale Veränderungen zu erzeugen. Rund eine halbe Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Wasser … um solche Zustände zu ändern, sollten wir die Digitalisierung nutzen.
Wie berechtigt ist die Hoffnung, dass sich Deutschland durch klimafreundliche Technologien seine Rolle als Exportweltmeister sichert?
In Deutschland stecken wir in vielen Bereichen in der Leuchtturmfalle. Wenn es um innovative Pilotprojekte geht, in denen Wissenschaft und Industrie eng zusammenarbeiten, sind wir schneller als die meisten anderen. Doch nur, wenn wir ein solches Leuchtturmprojekt skalieren und vervielfachen, entfachen wir eine volkswirtschaftliche Wirkung. Das misslingt aber häufig, weil die meisten Menschen neue Technologien zwar begrüßen, jedoch erwarten, dass diese keinen Einfluss auf ihre persönlichen Lebensumstände haben. Die Diskussion über den Ausbau der Windkraft ist dafür ein gutes Beispiel.
Letztlich geht es doch darum, welche Prioritäten eine Gesellschaft setzt.
Wir sollten in Deutschland wieder ein Klima schaffen, in dem es Unternehmern Spaß macht, hierzulande zu investieren. Das haben wir im Moment nicht. Im Gegenteil: Große Infrastrukturprojekte stoßen nahezu immer auf massiven Widerstand. Oft handelt es sich um kleine Gruppen, die gegen eine von der demokratischen Mehrheit gewollten Entscheidung demonstrieren. Dafür benötigen wir Lösungen, etwa durch Mediation in sehr frühen Phasen der Planung. Letztlich geht es auch darum, dass wir nicht die Kompetenz verlieren, solche Großprojekte überhaupt durchzuführen. Es gibt keine Alternative, wenn wir die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern wollen: Wir müssen an Umsetzungsgeschwindigkeit zulegen.
Viele Menschen im Westen sehen im Fortschritt generell keine Lösung mehr.
Das ist ein sehr europäisches und sogar fast ausschließlich deutsches Phänomen. Viele andere Regionen haben hohes Vertrauen in den Fortschritt. Nehmen Sie Japan: Das Land baut derzeit eine komplette Wasserstoff-Infrastruktur auf, auch wenn momentan noch keine Möglichkeit besteht, grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig herzustellen. Aber in Japan glaubt man daran, dass der Fortschritt dazu in der Lage ist, die gegenwärtigen Probleme zu lösen. Das fehlt uns hierzulande.