Editorial

Deutschlands Aufbruch in die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft?

Voraussichtlich Anfang November wird der Deutsche Bundestag das “Digitale-Versorgung-Gesetz” beschließen. Die Krankenkassen sollen dann zukünftig bestimmte „digitale Gesundheitsanwendungen“ bezahlen. Über eine Forschungsdatenstelle wird die Auswertung von Daten aus der Gesundheitsversorgung ermöglicht, um so die Forschung zu unterstützen und die Entwicklung von digitalen Lösungen am Bedarf auszurichten. Zugleich hat Minister Spahn angekündigt, die Diskussion um einen „European Health Data Space“ zu einem zentralen Thema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres zu machen. Startet Deutschland jetzt endlich durch bei der Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft? Notwendig wäre es: In einer internationalen Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt Deutschland bei diesem Thema den vorletzten Platz.

Unter die neuen digitalen Gesundheitsanwendungen fallen aber nur einfache medizinische Apps. Viele digitale Gesundheitslösungen bilden jedoch komplexe sektorübergreifende Versorgungsprozesse ab, die nicht durch einzelne Apps dargestellt werden können. Das sind zum Beispiel Anwendungen im Bereich der telemedizinischen Betreuungen von chronisch Kranken. Ein großer Teil davon sind Telemonitoring oder Telecare. Für diese Angebote enthält das neue Gesetz bisher keine Regelungen – vor allem nicht für die schnelle und bundesweite Anwendung solcher Lösungen. Für die Daten aus der Gesundheitsversorgung wird jetzt zwar erstmals festgelegt, dass sie in pseudonymisierter Form auch für Forschungszwecke und nicht nur für die Gesundheitsversorgung selbst verwendet werden dürfen. Das ist ein wichtiger Schritt angesichts der sonst üblichen engen Zweckbindung für die Datenverarbeitung in Deutschland. Aber private Forschung und Hersteller von digitalen Lösungen haben keinen eigenen Zugriff auf diese Daten. Das Potenzial, das in der Auswertung bereits vorhandener Daten liegt, kann so nur mühsam realisiert werden. Ein eigenes Nutzungsrecht der Industrie würde dagegen Forschung und Entwicklung am Standort Deutschland unterstützen und dabei helfen, die Effekte von digitalen Gesundheitsanwendungen besser abzuschätzen oder zu belegen. Nur so kann die Industrie an der Entwicklung von digitalen Innovationen mitwirken.

Das neue Gesetz ist deshalb ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt. Ein weiteres Gesetz zur elektronischen Patientenakte ist bereits angekündigt. Der ZVEI wird sich dafür einsetzen dort weitere Maßnahmen zu ergreifen, damit die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland schnell an Tempo gewinnt.

 

Hans-Peter Bursig
Geschäftsführer Fachverband Elektromedizinische Technik

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