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17.06.2025
Harmonisierte europäische Normen (hEN) bilden die Grundlage für die Prüfung und CE-Kennzeichnung von Bauprodukten im Rahmen der europäischen Bauprodukteverordnung (BauPVO; Englisch: Construction Products Regulation (CPR)). Auf Basis von Mandaten, die die EU-Kommission für die Normungsorganisationen erlassen hat, werden die Normen erstellt und im EU-Amtsblatt veröffentlicht.
Besonders vor dem Hintergrund des sogenannten „James Elliot Urteils“ von 2016 ist die Normungsarbeit durch komplizierte Prozesse nahezu zum Erliegen gekommen. Im Urteil wurde entschieden, dass hEN Teil des Unionsrechts sind. Mit dem Acquis-Prozess im Rahmen der BauPVO soll die Weiterentwicklung von Normen nun wieder angestoßen werden.
Für die im ZVEI organisierten Hersteller von elektronischer Sicherheitstechnik ist hauptsächlich das Normungsmandat M109 für Brandalarm-, Branderkennungs- und Brandbekämpfungssysteme von Bedeutung. Im 2019 gestarteten Acquis-Prozess steht das M109 in der Bearbeitungsreihenfolge an zehnter Stelle. Der Prozess dient dazu, für alle Mandate unter der BauPVO Normungsaufträge (Englisch: Standardisation Request) für die Normungsorganisationen zu erstellen. So soll sichergestellt werden, dass die Normen mit der aktuellen Fassung der BauPVO übereinstimmen und alle Interessensgruppen (insb. die Mitgliedsstaaten) sich an der Standardisierung beteiligen.
Normungsaufträge sind die Grundlage für die Erarbeitung von harmonisierten europäischen Normen. Sie müssen die bauaufsichtlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten an Bauprodukte enthalten. Dabei ist für die Mitgliedsstaaten zu beachten, dass zusätzliche wesentliche Merkmale nachträglich – also nach der Erarbeitung der harmonisierten europäischen Norm – nicht mehr bauordnungsrechtlich gefordert werden dürfen. Nur wesentliche Merkmale, die im Normungsauftrag enthalten sind, können in die hEN sowie in nationales Recht übernommen werden. Somit müssen die Mitgliedsstaaten ihre Anforderungen in die Erarbeitung der Normungsaufträge einbringen. Qualitätsaspekte spielen dabei keine Rolle. Dies ist besonders vor dem Hintergrund des freien Warenhandels innerhalb der EU wichtig.
Die Mitgliedsunternehmen des ZVEI-Fachkreises Rauch- und Wärmeabzugsanlagen und natürliche Lüftung (FK RWA/NL) arbeiten seit 2021 an der Gestaltung der Normungsaufträge im Rahmen des Acquis-Prozesses der EU-Kommission mit. Dazu wurden nationale und europäische Arbeitsgruppen in den betreffenden Normungsorganisationen eingerichtet. Im Zentrum dieser Aktivitäten steht der Abgleich der wesentlichen Merkmale mit den entscheidenden Stakeholdern auf nationaler und europäischer Ebene. Zielsetzung der Arbeitsgruppen ist, die wesentlichen Merkmale der Produktfamilien vorzubereiten, sodass die nationalen Vertreter in den Untergruppen nahezu identische Eingaben dazu haben.
Innerhalb des Arbeitskreises CPR-Acquis im DIN-Normenausschuss Bauwesen (NABau) wurden die wesentlichen Merkmale und die weitergehenden Anforderungen definiert. Dabei hat sich die Gruppe aus Vertretern aller beteiligten Kreise auf die vorhandenen Inhalte der Normenreihe EN 12101 gestützt. Daraufhin wurde ein Abgleich mit den Anforderungen aus dem Anhang „ZA“ der jeweiligen hEN sowie mit den bekannten Anforderungen der Mitgliedsstaaten durchgeführt.
In den oben beschriebenen Arbeitsgruppen wurde der in Bild zwei dargestellte Sachstand für Bauprodukte aus dem Bereich Rauch- und Wärmeabzug erreicht.
Nach erfolgreicher Erarbeitung der wesentlichen Merkmale, ist der nächste Meilenstein im Prozess das Ausfüllen der Vorlagen der europäischen Kommission. Dabei erkundigt die Kommission sich nach Bauprodukten bzw. Produktfamilien, den Anwendungsbereichen der Produkte und nach den derzeitigen wesentlichen Merkmalen. Falls vorhanden werden auch Mindestwerte erfragt.
Grundlagen für die Meldungen können Gesetze, die bereits in Kraft getreten sind (bspw. Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB)), oder neue Gesetze bzw. geplante Ergänzungen in bestehenden Gesetzen sein. So können zukünftige Anforderungen im Acquis-Prozess berücksichtigt werden.
Auf Basis der gesammelten Informationen tragen die Expertinnen und Experten in den Untergruppen die technischen Daten, Prüfverfahren, Prüfnormen, etc. in die Vorlagen der Kommission ein.
Die Beteiligten rechnen damit, dass im Laufe dieses Jahres der erste Meilenstein abgearbeitet sein wird. Die Liste der neu zu schaffenden Normungsaufträge ist lang und die Anlagen zum Brandschutz an zehnter Stelle. Zudem ist zu beachten, dass in diesem Normungsauftrag 85 Normen gleichzeitig behandelt werden.
In den Normungsaufträgen soll ebenfalls das Thema der Nachhaltigkeit der Bauprodukte bearbeitet werden. Dazu wurde auf europäischer Ebene eine horizontale Arbeitsgruppe gegründet. Derzeit ist noch nicht erkennbar, wie und wer die Anforderungen für die Nachhaltigkeit an die verschiedenen Bauprodukte definieren wird.
Die europäische Normungsarbeit hat wieder an Fahrt aufgenommen. Sie wird auch zu einem erfolgreichen Ende kommen können, wenn
Die Vertreter der deutschen Verbände, allen voran des ZVEI, tragen tatkräftig dazu bei, die neue Normungsoffensive zu einem Erfolg zu machen.