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15.02.2024

US-Protektionismus

Am 5. November dieses Jahres wählen die Vereinigten Staaten von Amerika zum 60. Mal ihren Präsidenten. Für die Republikaner könnte erneut Donald J. Trump antreten. Sollte er – nach 2017 bis 2021 – tatsächlich für eine zweite Amtszeit ins Weiße Haus einziehen, drohen nochmals empfindlich höhere Zölle.

So unklar Trumps gesamte politische Agenda für eine etwaige zweite Präsidentschaft auch sein mag, so klar und deutlich hat er sich bereits zur dann geplanten Handelspolitik geäußert: Ein zehnprozentiger Zoll auf sämtliche in die USA importierten Güter soll her. Dies würde den heutigen Durchschnittssatz in etwa verdreifachen und Amerika zurück in seine handelsprotektionistische Hochphase aus der Mitte des 20. Jahrhunderts werfen.

Trump und seine Berater sind der Ansicht, mit wesentlich höheren Zöllen ließen sich drei Ziele mit nur einem Wurf gleichzeitig erreichen. Erstens werde das Handelsdefizit der USA beseitigt, das als Zeichen wirtschaftlicher Schwäche gebrandmarkt wird. Zweitens werde die heimische Produktion befördert und drittens könne man mit Zöllen einer als zutiefst unfair empfundenen globalen Welthandelsarchitektur begegnen, im Rahmen derer vor allem China die Offenheit der USA ausnutze.

Höflich ausgedrückt: Alle drei Argumente stehen auf ziemlich wackeligen Beinen!

Zum Defizit: Die treibende Größe hinter Amerikas negativem Handelsbilanzsaldo sind nicht (zu niedrige) Zölle, sondern die geringe Sparquote der US-Volkswirtschaft bzw. deren hohe Konsumneigung. Während der private Konsum in Deutschland gut die Hälfte des Sozialprodukts ausmacht, liegt die Quote in den USA bei rund 70 Prozent. Insoweit ist der große Appetit nach Importen dann auch kein Zeichen der Schwäche, sondern vielmehr Ausdruck der Vitalität der amerikanischen Ökonomie. Seit 1975 weisen die USA jährlich ein Handelsdefizit aus. Während der Amtszeit von Präsident Trump hat es sich übrigens um knapp ein Viertel ausgeweitet.

Klar, Zölle schützen manche heimischen Produzenten vor ausländischer Konkurrenz. So haben amerikanische Stahlhersteller ihren heimischen Marktanteil wieder ausweiten können. Aber zu welchem Preis? Abschirmung vor internationalem Wettbewerb lädt jetzt nicht unbedingt dazu ein, effizienter werden zu wollen. Es stimmt auch nicht, dass China am Ende den Großteil der Zölle bezahlt, wie Trump oft behauptet. Stattdessen leiden vor allem andere Industrien und die Verbraucher an höheren (Einkaufs-)Preisen. Es gibt Schätzungen, wonach ein zehnprozentiger Zoll auf Alles jeden amerikanischen Haushalt im Schnitt 2.000 Dollar pro Jahr kosten könnte.

Schließlich würden mehr Zölle das Welthandelssystem wohl kaum reparieren können. Im Gegenteil: Das Konfliktpotenzial dürfte eher weiter zunehmen. Bereits in der Zeit der ersten Präsidentschaft Trumps haben Handelspartner mit Vergeltungsmaßnahmen reagiert. In einer etwaigen zweiten würden sie das bestimmt wieder tun. Indem allgegenwärtige Zölle einer Steuer auf den globalen Handel gleichkommen, erhöhen sie zudem Inflationsrisiken. Um die WTO ist es ohnehin schon schlecht bestellt – nicht zuletzt auf Betreiben Amerikas. Wenn verbündete Länder mit weiteren Zöllen brüskiert würden, unterminiert das auch eine gemeinsame Linie gegen unlautere Handelspraktiken Chinas.

Leider ist die Biden-Administration kein leuchtendes Gegenbeispiel. Sie hat die meisten Zölle Trumps nicht angerührt, sondern seinen protektionistischen Kurs mit Subventionen und gegenüber ausländischen Herstellern diskriminierender Industriepolitik fortgeschrieben. Ein allgemeiner zehnprozentiger Zoll würde noch einen draufsetzen.

Dr. Andreas Gontermann

Konjunktur & Märkte

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