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14.05.2025

Zollpolitik

1948 trat das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (bekannt als General Agreement on Tariffs and Trade, GATT) in Kraft. Mit ihm wurden Regeln für den internationalen Handel festgelegt und kollektive Zollsenkungen vorangebracht. Knapp 50 Jahre später übernahm die 1995 gegründete Welthandelsorganisation (WTO) die Aufgabe, Barrieren und Schranken im Welthandel weiter abzubauen.

Initiator der globalen Handelsliberalisierung nach dem Zweiten Weltkrieg waren die USA, die in einem multilateralen System vor allem auch Vorteile für sich selbst sahen. Zwischen 1850 und 1900 lagen die Zollsätze auf den Wert nach Amerika importierter Waren teils höher als 45 Prozent. In den 1930er Depressionsjahren wurden sie erneut auf 20 Prozent erhöht. Danach gingen die US-Zölle sukzessive runter, zwar nicht bis ganz auf null Prozent, aber fast.

Inzwischen scheinen Zölle wieder hoffähiger geworden zu sein. So hat auch die Biden-Administration viele der in Trumps erster Amtszeit ab 2018 eingeführten Zölle nicht nur nicht zurückgenommen, sondern teils weitere eingeführt.

Es sind vor allem fünf Argumente, die Zollbefürworter regelmäßig anführen. Alle sind sie irreführend.

Erstens wird behauptet, mit Zöllen ließe sich heimische Produktion und Wertschöpfung ankurbeln und so die Volkswirtschaft insgesamt stärken. Allein die empirischen Belege dafür sind spärlich. Seit Trump 2018 seine ersten Zölle verhängt hat, ist der Anteil amerikanischer Industriejobs tatsächlich gesunken. Zwar haben sie hier und da Importkonkurrenz zurückdrängen können, insgesamt den amerikanischen Produktionsstandort aber eher belastet. Wenn ausländische Vorleistungsproduzenten durch heimische Firmen ersetzt werden (müssen), werden knappe Ressourcen, sprich: Arbeit und Kapital, in protegierte Wirtschaftszweige umgelenkt. Dabei leidet die gesamtwirtschaftliche Effizienz umso stärker, je breiter und höher die Zölle angelegt sind.

Auch das zweite – und stark verwandte – Argument, wonach lediglich das Wachstum in ganz spezifischen Sektoren gestützt werden soll, lässt sich mit Daten kaum untermauern. So hat beispielsweise eine Analyse der amerikanischen Notenbank ergeben, dass Trumps damalige gezielten Zölle zugunsten von Hausgeräte- und Autoteileherstellern isoliert betrachtet hier zwar für etwas mehr Beschäftigung gesorgt haben. Der Effekte wurde dann aber durch Vergeltungsmaßnahmen des Auslands sowie höhere Inputkosten wieder mehr als zunichte gemacht.

Drittens haben bereits die US-Handelsbeauftragen sowohl unter Trump 1.0 (Robert Lighthizer) als auch unter Biden (Katherine Tai) Zölle als willkommenes Druckmittel in Verhandlungen über Handelsverträge propagiert. Da kommen einem Zweifel. Seit nunmehr sechs Jahren erheben die USA verschärfte Zölle auf Einfuhren aus China. Trotzdem hatte das Land 2024 seinen bislang höchsten Handelsüberschuss überhaupt – von fast einer Billion Dollar. Zudem fällt sich die Argumentation selbst ins Wort: Wenn Zölle doch angeblich nationale Vorteile bringen, warum sie dann lediglich als Verhandlungsmasse einsetzen? Und wären sie nur Druckmittel, würden sie nach einer Einigung dann wieder gesenkt oder fallen gelassen?

Dann ist da, viertens, die Rede von hohen Zolleinnahmen. Ja, Zölle generieren – wie Steuern – staatliche Einnahmen. Allerdings greift eine Kalkulation à la Importwert mal geplanter allgemeiner Zollsatz gleich zu erwartende Einnahmen, in deren Höhe sich dann andere Steuern senken ließen, reichlich kurz. Weil sie statisch ist. Denn der Zoll soll ja gerade das Einfuhrvolumen senken, womit die besteuerbare Basis teils wieder wegfällt. Zudem verteuert er die Inputs anderer Branchen und lädt das Ausland zu Vergeltungsmaßnahmen ein. Die wachstumsschädlichen Auswirkungen eines Handelskriegs bedeuten eher weniger als mehr staatliche Einnahmen.

Fünftens schließlich sollen Zölle dabei helfen können, die nationale Sicherheit zu erhöhen. Mit ihrer Hilfe werde sichergestellt, kritische Technologien selbst zu produzieren. Dieses Argument dient allerdings zu oft als Deckmantel für eigentlichen Protektionismus. So hatte die erste Trump-Regierung Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU und Japan mit Sicherheitsbedenken gerechtfertigt. Überzeugend war das nicht. Schlussendlich stellt sich hier die Frage: Wenn etwas tatsächlich eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, sollte man es dann nicht besser gleich verbieten statt es einfach nur zu besteuern?

Dr. Andreas Gontermann

Konjunktur & Märkte