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03.12.2025

Volatile Rohstoffmärkte: Zyklen immer kürzer und extremer

Zahlreiche Güter und Dienstleistungen unterliegen langfristigen Preistrends. Produkte der Unterhaltungselektronik etwa werden dank technologischem Fortschritt und Produktivitätssteigerungen seit Jahrzehnten real immer preiswerter. Arbeitsintensive Dienstleitungen, beispielsweise in den Bereichen Bildung oder Gesundheit, verteuern sich dagegen stetig. Völlig anders sieht es bei Rohstoffen aus. Bei landwirtschaftlichen Produkten, beim Öl oder bei Metallen gibt es kaum eine klare Richtung der Preise, sondern ein beständiges Auf und Ab.

Rohstoffzyklen werden vor allem angebotsseitig getrieben. Während die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen stark mit der globalen Konjunktur korreliert, spielen beim Angebot verschiedene Faktoren hinein. Um neue Vorkommen zu erschließen und zu fördern, braucht es lange Vorlaufzeiten und hohen Kapitaleinsatz. Auf Preissignale des Marktes erfolgen dann nicht selten Überinvestitionen im Boom und Unterinvestitionen in der Flaute.

Hinzu kommen Lagerzyklen. Hohe Lagerkosten oder die Verderblichkeit landwirtschaftlicher Produkte bedingen wenig Lagerhaltung, die auch nur kurzfristige Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage und damit Preisschwankungen verstärken kann. Auch Spekulation von Finanzmarktakteuren sorgt vielfach für stärkere Preisausschläge.

Die Weltbank hat nun in einer Studie gezeigt, dass die Zyklen an den Rohstoffmärkten kürzer und extremer werden. Untersucht wurden die Wendepunkte in der Preisentwicklung von insgesamt 27 verschiedenen Rohstoffen im Zeitraum von 1970 bis 2024, also in mehr als einem halben Jahrhundert.

Die Jahre von 1970 bis 1985 waren meist durch Angebotsschocks geprägt, insbesondere an den Energiemärkten. Man denke an die beiden Ölkrisen. Die Phase zwischen 1986 und 2001 war dann eine relativ stabile, begünstigt durch technologischen Fortschritt in der Rohstoffgewinnung sowie ein immer liberaleres globales Handelssystem. In den 2000er Jahren kehrte die Volatilität aber zurück und hat sich seit 2020 intensiviert. Dauerten Schwäche- und Boomphasen früher durchschnittlich viereinhalb bzw. drei Jahre, so sind es heute nur noch jeweils rund zwei. Die Zeitspanne von einem vorübergehenden Markthöhepunkt zum nächsten hat sich von 90 auf 45 Monate halbiert.

Das neue Rohstoffregime, von dem die Weltbank spricht, wird einerseits auf die Kombination mehrerer Ereignisse in den letzten fünf Jahren zurückgeführt – wie der Corona-Pandemie, dem Überfall Russlands auf die Ukraine und starken Richtungsänderungen in der Geldpolitik. Aber auch langfristige strukturelle Faktoren kämen hinzu, etwa die grüne Transformation, die mehr Nachfrage nach kritischen Mineralien wie Nickel oder Lithium nach sich zieht. Häufigeres Extremwetter macht vor allem der Landwirtschaft zu schaffen. Wenig hilfreich ist zudem die sich wieder stärker fragmentierende Weltwirtschaft. Da man es an den Rohstoffmärkten ohnehin schon mit hoher Angebotskonzentration, begrenzter Diversifizierung in den Lieferketten und geringen Preiselastizitäten zu tun hat, sind sie besonders anfällig für Protektionismus.

Laut Weltbank sind zwei Drittel der Schwellen- und Entwicklungsländer in hohem Maße von Rohstoffen abhängig. Sie machen einen bedeutenden Anteil ihrer Exporte und Staatseinnahmen aus und damit des wirtschaftlichen Wohlergehens.

Aber auch für die Industrieländer bringen volatilere Rohstoffmärkte Herausforderungen mit sich. Die größte könnte dabei ins Feld der Geldpolitik fallen. In ihrem Streben nach stabil niedriger Inflation schaut sie traditionell nämlich vor allem auf die Kernrate, welche die Preise für Energie und Lebensmittel außen vor lässt. Solange die Rohstoffpreissteigerungen im Boom und die Preisrückgänge in der Flaute ähnliche Größenordnungen und sich insoweit ausgeglichen hatten – wie zwischen 1970 und 2020 der Fall –, war das plausibel. Wenn die Aufschwünge jetzt aber stärker ausfallen als die Abschwünge, könnte es weniger ratsam sein, durch die Rohstoffpreise einfach hindurchzuschauen.

Dr. Andreas Gontermann

Bild: Kings Access - stock.adobe.com

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