Bereit für die Quantenwelt
Bestehende Software läuft nicht auf Quantencomputern. Sabina Jeschke will mit ihrem Start-up Quantagonia den Übergang vereinfachen.
ampere 1.2023
Gewaltenteilung
Die Elektrifizierung ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zu mehr Unabhängigkeit. Wir wollten wissen, wie die Politik darüber denkt – insbesondere, welche Innovationen uns souveräner machen und welche Rolle die All-Electric-Society dabei spielt.
Exekutive
Computer, Internet und Smartphone – unsere Welt ist digital vernetzt. Technik behält den Überblick im Smart Home oder steuert große Industrieanlagen. Chips sind so leistungsfähig geworden, dass die Künstliche Intelligenz jetzt ihr Potenzial entfalten kann. Und nicht nur das: Sie sind auch für die Elektrifizierung und Digitalisierung entscheidend. Mit dem EU Chips Act legen wir in Europa darum noch einmal einen Gang zu. Damit wir beim Kampf gegen den Klimawandel vorankommen und technologisch unabhängiger werden.
KI, das Internet der Dinge, autonomes Fahren, Videotelefonie und Clouddienste können einerseits erheblich zur Energie- und Ressourceneinsparung beitragen, verbrauchen andererseits aber mit zunehmendem Einsatz selbst auch immer mehr. Diesen Widerspruch wollen wir auflösen und stärken darum Forschung über „Grüne IKT“ – in der Chip-Produktion, in Kommunikationsnetzen oder in Rechenzentren. Mit dem „Kompetenzzentrum Green ICT“ schaffen wir in der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland in Berlin dafür eine zentrale Anlaufstelle.
Ist unsere Zukunft aus den genannten Gründen die All-Electric-Society? Für mich ist die fortschreitende Elektrifizierung ein Teil eines viel größeren und technologieoffenen Ansatzes, aber eben nicht „all“. Denn so, wie es nicht nur die eine Zukunft gibt, führt der Weg zur Klimaneutralität nicht allein über Elektrizität. Wasserstoff, Fusionsenergie, Carbon Capture and Storage: Das alles sind weitere zentrale Technologien, an denen wir im BMBF intensiv arbeiten.
So eröffnet uns die „grüne“ Transformation riesige Chancen, um mit Innovationen aus Deutschland weiter technologisch und wirtschaftlich in der Spitzenliga zu spielen – und unsere freiheitliche Gesellschaft zu bewahren. Denn dafür müssen wir technologisch souverän sein. Für Innovationen aus Deutschland und Europa brauchen wir Wissen sowie gute Ideen und gut ausgebildete Menschen. Darum stellen wir heute Bildung und Forschung zukunftsfähig auf.
Der Dreiklang aus Innovationen, Kompetenzen und Menschen ist der Schlüssel, um die Zukunft nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Das BMBF ist ein Chancenministerium: Wir fördern Bildung und Forschung für morgen und übermorgen. Wir leisten damit einen starken Beitrag zur technologischen Souveränität als Grundvoraussetzung für nachhaltigen Wohlstand und künftige Wettbewerbsfähigkeit.
Mario Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Legislative
Klimakrise, bezahlbare Energie und Versorgungssicherheit: Alle drei erfordern, dass wir immer mehr Anwendungen elektrifizieren – natürlich auf Basis erneuerbarer Energien. Denn nur auf diese Weise können wir uns von fossilen Energieimporten unabhängig machen, Klimaneutralität erreichen und souveräner werden. Viele Lösungen sind schon gefunden, wie die Nutzung von E-Autos im Verkehr oder das Heizen mittels Wärmepumpen. Es müssen in Zukunft aber noch deutlich mehr Anwendungen mit Strom betrieben werden als bisher.
Durch diese Transformation bekommt die zeitliche Flexibilität von Verbrauchern einen ganz neuen Stellenwert. Auch deshalb steht eine intelligente Sektorkopplung derzeit im Zentrum so vieler Debatten. Sie stärkt die ohnehin hohe Versorgungssicherheit in Deutschland und leistet einen unverzichtbaren Beitrag dazu, dass Menschen auf einem lebenswerten Planeten mit bezahlbarer Energie versorgt werden können. Die Sektorkopplung zeigt auch, dass neben der Elektrifizierung die Digitalisierung ein entscheidender Hebel für die angestrebte Klimaneutralität ist.
In wenigen Bereichen wie etwa in der Stahlerzeugung oder der Chemieindustrie bleibt das Verbrennen von Molekülen bei hohen Temperaturen eine wichtige Hitzequelle. Und überall dort, wo die Nutzlast durch große und schwere Batterien signifikant beeinträchtigt würde, ist die direkte Nutzung von Strom derzeit ebenfalls nicht zweckmäßig – beispielsweise im transatlantischen Flug- und Schifffahrtsverkehr. Gleiches gilt für hochflexible Kraftwerke, die Lastspitzen auch in Zukunft ausgleichen werden. Durch Vorgaben zu H2-Readyness und den Bau von Wasserstoff- und Ammoniakkraftwerken haben wir dafür bereits wichtige Voraussetzungen geschaffen.
Der Trend ist klar: Der Strombedarf wird in den nächsten Jahren deutlich steigen. Die Umstellung auf elektrische Prozesse ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Energie regenerativ ist. Darum haben wir mit dem großen Gesetzespaket Energie im vergangenen Sommer und weiteren Maßnahmen zum Beispiel zum Bürokratieabbau einen echten Booster für Erneuerbare und Netze auf den Weg gebracht. Auch in diesem Jahr bleibt die Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren inklusive der optimalen Systemintegration zentrales Thema. Dafür setze ich mich mit voller Kraft ein.
Ingrid Nestle, Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied des Deutschen Bundestags
Industrie
Die Welt um uns herum verändert sich rasant. Wie souverän müssen wir in Zukunft sein?
Ich denke, wir müssen vor allem weniger naiv sein. In Deutschland und Europa haben wir ein System, das absolut schützenswert ist. Aber wir stehen im Wettbewerb mit autoritären Ländern, die ebenfalls wirtschaftlich erfolgreich sind und denen gegenüber wir unsere Freiheit verteidigen wollen. Dazu gehört auch, dass wir weiterhin technologisch eine Spitzenposition einnehmen müssen.
In welchen Bereichen sind wir derzeit besonders stark?
Deutschland hat eine hervorragende industrielle Basis, ein Ökosystem aus kleineren, mittleren und großen Unternehmen, das weltweit einzigartig ist. Es erzielt eine Wertschöpfungstiefe, die unvergleichbar ist und ganz wesentlich zu unserem gesellschaftlichen Wohlstand beiträgt. Jetzt müssen wir die nächste Stufe der Wertschöpfung zünden und den Shop Floor mit dem Office Floor verbinden. Genau das versuchen wir mit der Initiative Manufacturing-X: Aus der Industrie heraus wollen wir einen gemeinsamen Datenraum „Made in Europe“ schaffen und so neue Geschäftsmodelle ermöglichen.
Wie kann die All-Electric-Society zu mehr Souveränität beitragen?
Die All-Electric-Society hat vor allem zwei Facetten: Durch die Elektrifizierung steigern wir die Energieeffizienz und können so unseren Primärenergiebedarf um ungefähr 40 Prozent verringern. Allein das macht uns weniger abhängig von fossilen Rohstoffen und anderen Ländern. Hinzu kommt die Digitalisierung, durch die wir beispielsweise Lieferketten besser steuern können. Auch das führt zu mehr Resilienz und Souveränität.
Welchen konkreten Beitrag leisten die Unternehmen im ZVEI dazu?
Sie liefern zum Beispiel Halbleiter für den Ausbau der erneuerbaren Energien, erhöhen durch Industrieautomatisierung oder den Einsatz von Gleichstrom die Energieeffizienz in der Produktion, machen die Chemieindustrie durch Elektrifizierung und den Einsatz von Wärmepumpen klimafreundlicher und liefern Ladesäulen für batterieelektrische Fahrzeuge. Es gibt kaum einen Prozess, der sich nicht elektrifizieren oder automatisieren lässt. Und die Unternehmen im ZVEI ermöglichen genau das. So erklärt sich auch, dass die Produktion unserer Branche im Jahr 2022 um real vier Prozent gewachsen ist – trotz Ukraine-Krieg und Corona-Lockdown in China. Wir haben Rückenwind durch die Megatrends unserer Zeit.
Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung
Fotos von oben nach unten BMBF/Hans-Joachim Rickel | Gunnar Dethlefsen | ZVEI/Alexander Grüber
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.2023 am 11. April 2023 erschienen.
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ampere
Mit dem Magazin der Elektro- und Digitalindustrie ampere, das zwei Mal im Jahr erscheint, schaut der Verband über den Tellerrand der Branche hinaus.
Jede Ausgabe von ampere setzt sich kontrovers und informativ mit Themenschwerpunkten der Elektroindustrie auseinander, die aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Der Verband will mit dem Magazin den Dialog mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stärken.