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02.02.2022
Nach dem Rückgang 2020 ist die deutsche Elektro- und Digitalindustrie im vergangenen Jahr 2021 wieder – dynamisch – gewachsen. 2022 dürfte sie weiter expandieren. Dabei bleibt das weltwirtschaftliche Umfeld von etlichen Unsicherheitsfaktoren geprägt.
Im zurückliegenden Jahr 2021 ist die preisbereinigte Produktion der heimischen Elektro- und Digitalindustrie um neun Prozent gestiegen. So konnte die sechsprozentige Einbuße aus 2020 nicht nur wieder aufgeholt, sondern auch überkompensiert werden. Die nominalen Erlöse zogen 2021 ebenfalls um neun Prozent an und kratzten damit an der 200-Milliarden-Euro-Marke – ein Rekordwert!
Ende letzten Jahres waren 877.000 Beschäftigte in der Branche tätig. Das waren immerhin gut 5.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Kurzarbeiter konnte zuletzt bis auf 15.000 reduziert werden. Zur Erinnerung: Im Mai 2020 hatte sie bei 182.000 gelegen.
Unsere Exporte sind 2021 um ein Zehntel gewachsen. Sie lagen schon nach elf Monaten höher als im gesamten Jahr 2020. Vor allem die Lieferungen in den Euroraum erholten sich mit zweistelliger Rate. Die Ausfuhren in die USA legten um neun und die nach China – „nur“ – um acht Prozent zu. Allerdings hatte es im Geschäft mit dem Reich der Mitte im Jahr zuvor auch keinen Rückgang gegeben (Stichwort: Basiseffekt).
Das letztjährige Wachstum hätte wohl noch höher ausfallen können, wären da nicht die allgegenwärtigen Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten gewesen. Bis heute stellen sie für mehr als vier von fünf Unternehmen das mit weitem Abstand größte Produktionshemmnis dar. Die Auftragseingänge sind 2021 um mehr als ein Fünftel gestiegen. Die Reichweite der Auftragsbestände hat sich auf weit überdurchschnittliche fünf Monate erhöht. Aber die Versorgungsengpässe haben verhindert, dass die Produktion mit der hohen Nachfrage hat Schritt halten können.
Die Hälfte der Elektrofirmen denkt, die Lieferprobleme werden noch bis Mitte dieses Jahres anhalten. Der anderen Hälfte zufolge dürften sie auch darüber hinaus noch andauern. Zu diesem Unsicherheitsfaktor gesellen sich weitere hinzu. So bleibt das globale Infektionsgeschehen angesichts neuer Virusvarianten kaum vorhersagbar. In China – dem größten Exportabnehmerland unserer Branche – hat sich das gesamtwirtschaftliche Wachstum im vierten Quartal 2021 spürbar abgekühlt. Zudem fährt das Land mit seinem Null-Covid-Ansatz eine sehr rigorose Strategie.
Weil die Erholung von der Pandemie und die Versorgungs- und Logistikprobleme weltweit die Inflation angefacht haben – vor allem die Energiepreise sind stark gestiegen –, werden sich die Notenbanken etwas einfallen lassen müssen. Vor allem in den USA steht eine deutlich restriktivere Geldpolitik an, die dann auch die Konjunktur beeinträchtigen könnte, zumal gleichzeitig die fiskalischen Stimulierungsmaßnahmen wegfallen. Langsameres Wachstum sowohl in China als auch den USA bringt wiederum viele Schwellenländer in die Bredouille.
Für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie geht der ZVEI von einem Produktionswachstum von vier Prozent in diesem Jahr aus. Mit dieser – wie immer – konservativen Prognose tragen wir auch dem Umstand Rechnung, dass die Branche 2020 weniger stark geschrumpft und 2021 stärker gewachsen ist als die allermeisten anderen Industriezweige hierzulande. Ihre zentralen Leitmärkte sind die Bereiche Consumer, Energie, Gebäude, Gesundheit, Industrie und Mobilität. Allem konjunkturellen Auf und Ab zum Trotz erfreuen sich diese Märkte strukturellen Wachstums. Von der voranschreitenden Digitalisierung und Elektrifizierung sollte die Branche in Zukunft weiter profitieren können, weil sie beide überhaupt erst möglich macht.
Dr. Andreas Gontermann