Expertenwissen

Kultur pur

Ob das Frequenzband von 470 bis 694 Megahertz weiterhin ausschließlich für kulturelle Zwecke zur Verfügung steht, soll im Jahr 2023 entschieden werden. Carine Chardon, Bereichsleiterin Consumer im ZVEI, erläutert, worum es bei der Diskussion eigentlich geht.

Filme werden gestreamt und Radiosendungen über Podcasts gehört – für viele Vertreter der Generation Z ist die Online-Mediennutzung längst Standard. Also weg mit den Funkfrequenzen für den terrestrischen Empfang, die bislang für TV, Radio und Kulturveranstaltungen reserviert sind? Schließlich sind Funkfrequenzen ein knappes Gut in einer Gesellschaft, in der immer mehr Daten drahtlos übertragen werden. Doch Vorsicht! Es gibt gute Gründe, warum der bisherige Status beibehalten werden sollte. Erstens werden diese Frequenzen auch genutzt, um die Tonübertragung bei Konzerten, Liveproduktionen wie Sportereignissen oder Parteitagen und vielen anderen Kulturveranstaltungen zu gewährleisten. Als Sekundärnutzer der Frequenzen sind die Funkmikrofone in einer Schicksalsgemeinschaft mit dem terrestrischen Rundfunk vereint. Zweitens ist die terrestrische Übertragung von Rundfunkprogrammen bei Katastrophen der sicherste Weg, um viele Menschen zeitgleich und auch über große Distanzen zu erreichen – das hat nicht zuletzt die Katastrophe im Ahrtal bewiesen. Immerhin 43 Prozent der europäischen Haushalte sehen über terrestrische Frequenzen fern. Drittens schlägt der terrestrische Empfang unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit das Streamen, weil der Energieverbrauch für die Verbreitung geringer ist. Im Herbst 2023 soll die Weltfunkkonferenz darüber entscheiden, wie das Frequenzband von 470 bis 694 Megahertz ab dem Jahr 2030 genutzt werden darf. Als Mitglied der Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen setzt sich der ZVEI dafür ein, die exklusive Nutzung beizubehalten. 

Text Johannes Winterhagen

 


Meilenstein

1982

Computer für jeden Haushalt: Als der Commodore C64 auf den Markt kam, schien das plötzlich erreichbar.

 

Viele Ingenieurinnen und Ingenieure, die heute in Führungspositionen sind, verdanken ihre ersten Programmiererfahrungen dem C64. Er hieß so, weil er mit einem Arbeitsspeicher von 64 KB für seine Größe unglaublich leistungsfähig war. Sensationell aus damaliger Sicht war aber vor allem der Preis: Zur Markteinführung in den USA im Herbst 1982 kostete der Rechner 595 Dollar. Aus heutiger Sicht kurios wirkt der Aufbau, bei dem das Rechnergehäuse unter der fest verbauten Tastatur liegt, was zu einer nicht sehr ergonomischen Arbeitshaltung führte. Den in Informatik-AGs arbeitenden Nerds der 1980er-Jahre war das egal, denn der mit dem Rechner ausgelieferte BASIC-Interpreter erlaubte das Schreiben relativ komplexer Programme. Völlig neu war für die meisten Nutzer ein integrierter Grafikchip, der in Kombination mit einem Farbfernseher Videospiele mit bunten Bildern erlaubte. Schätzungen besagen, dass der C64 bis zu 30 Millionen Mal verkauft wurde. Dem Hersteller Commodore hat das nichts genutzt. Er konnte technologisch mit Apple und IBM nicht mithalten und musste 1994 Konkurs anmelden. 

 

Text Johannes Winterhagen

 


Schaltzeichen

Gleichstrom

Erneuerbare Energien erzeugen Gleichstrom, Fabriken sind aber auf Wechselstrom ausgelegt. Das könnte sich bald ändern.

In den ersten Fabrikhallen arbeiteten noch Gleichstromnetze. Weil sich Gleichstrom aber nur mit hohen Spannungsverlusten transportieren ließ, setzte Georg Westinghouse vor mehr als 130 Jahren den Wechselstrom durch. Nun steht eine Technologiewende vor der Tür. Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne erzeugen direkt Gleichstrom, Halbleiter schalten Gleichstrom in die erforderlichen Spannungsbereiche. Für die Energieversorgung der Produktionshallen bedeutet das aber eine komplette Systemumstellung. Diese Herausforderung geht das Forschungsprojekt DC-INDUSTRIE2 an, in dem 33 Unternehmen und sechs Forschungseinrichtungen seit Oktober 2019 gemeinsam forschen. Mittlerweile sind bei verschiedenen Partnern neun Modellanlagen und Transferzentren aufgebaut. Die ersten Messergebnisse klingen vielversprechend. Mit dem Einsatz von Gleichstrom lassen sich bis zu zehn Prozent Energie einsparen. Das liegt unter anderem daran, dass mit Gleichstrom Energie bei Bremsvorgängen einfacher rückgewonnen und von weiteren Verbrauchern genutzt werden kann. Es entfallen die vielen Wandlungsverluste von Wechselstrom zu Gleichstrom. Außerdem kann auf bis zu 50 Prozent Kupfer verzichtet werden, weil weniger Leitungen nötig sind. Der ZVEI begleitet das Projekt und wird nach Abschluss Ende des Jahres die Open Direct Current Alliance (ODCA) im ZVEI gründen. 

 

Text Marc-Stefan Andres

 


Graphiken von oben nach unten: Markus Schüller | Marina Kovacevic/Alamy Stock Foto | ZVEI/ Barbara Geising

 

Dieser Text ist in der Ausgabe 4.2022 der ampere am 8. November 2022 erschienen.


Erschienen in der Ausgabe 4.2022

Ein besonderer Dreh

Mit Ladesäulen will Wirelane in Zukunft viel Geld verdienen, ohne eine einzige Säule zu verkaufen. Gründer Constantin Schwaab erklärt das Geschäftsmodell.

 

Punkte machen

Der Aufbau einer funktionierenden öffentlichen Ladeinfrastruktur ist die Conditio sine qua non der Elektromobilität. Ein Blick in drei Metropolen zeigt: Ausgerechnet Seoul, wo Elektroautos im Straßenbild noch selten sind, könnte zum Vorreiter werden.

Den Anschluss nicht verpassen

Die EU will die Fahrgastzahlen auf innereuropäischen Strecken bis 2030 verdoppeln. Die dafür erforderliche Technik wäre vorhanden. Allerdings muss das Tempo steigen, mit dem Schienennetze modernisiert werden. Digitale Zugleitsysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle.

„Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit in Balance bringen“

Die Mobilitätsstudie von Continental zeigt, dass das Auto nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in chinesischen Metropolen der wichtigste Verkehrsträger bleibt. Gilles Mabire, Chief Technology Officer für das Autogeschäft des Zulieferers, will Autos daher durch Digitalisierung und Vernetzung nachhaltiger machen.

Energieschub

Superkondensatoren können in kurzer Zeit sehr viel Energie aufnehmen und wieder abgeben. Die estnische Firma Skeleton Technologies, die mit einem Großteil ihrer Beschäftigten in Sachsen tätig ist, hat ein innovatives Grundmaterial dafür entwickelt.

ampere

Das Magazin der Elektro- und Digitalindustrie

Mit dem Magazin der Elektro- und Digitalindustrie ampere, das zwei Mal im Jahr erscheint, schaut der Verband über den Tellerrand der Branche hinaus.

Jede Ausgabe von ampere setzt sich kontrovers und informativ mit Themenschwerpunkten der Elektroindustrie auseinander, die aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Der Verband will mit dem Magazin den Dialog mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stärken.