Perspektiven
Industrieprozesse, Autoverkehr, das Beheizen von Gebäuden – all das geschieht künftig vor allem elektrisch. Und wo Brenn- und Kraftstoffe auch langfristig unverzichtbar sind, etwa im Flug- und Schiffsverkehr oder in einigen industriellen Bereichen, kommt grüner Wasserstoff zum Einsatz, der per Elektrolyse mit Strom möglichst aus regenerativen Quellen produziert wird.
All das hat zur Folge, dass der Strombedarf trotz Effizienzgewinnen bei Anlagen, Maschinen und Geräten in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Da Deutschland zudem sein Klimaziel für 2030 erhöht hat, müssen die erneuerbaren Energien weit stärker ausgebaut werden als bislang vorgesehen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat ausgerechnet, dass bis 2030 insgesamt 150 Gigawatt Photovoltaik-Leistung nötig sind, um den Strombedarf so zu decken, dass das Klimaziel erreicht wird. Das verlangt etwa eine Verdoppelung der derzeitigen Zubaurate. Bei der Windenergie an Land müssen 100 Gigawatt erreicht werden, was einem jährlichen Zubau von knapp fünf Gigawatt und damit mehr als einer Verdreifachung zu 2020 entspricht.
Was nach einer Herkulesaufgabe klingt, ist wirtschaftlich und technisch machbar, wie viele Studien zeigen – vorausgesetzt, die Politik schafft dafür schnell die nötigen regulatorischen Bedingungen. Derzeit verzögern nicht zuletzt langwierige und komplizierte Planungs- und Genehmigungsverfahren – etwa für die Ausweisung von Flächen – den Ausbau der Erneuerbaren. Der ZVEI setzt sich daher für die Vereinfachung dieser Verfahren ein. Dazu zählt unter anderem auch eine weitreichende Digitalisierung der Antrags- und Entscheidungsprozesse bei den zuständigen Behörden. Gleichzeitig muss dem wachsenden Strombedarf auch durch Investitionen in die Stromnetze Rechnung getragen werden. „Der Ausbau der Erneuerbaren läuft ins Leere, wenn nicht parallel Ausbau, Umbau und die Digitalisierung der Netze voranschreiten“, so Anke Hüneburg, Leiterin des Bereichs Energie im ZVEI. Ebenso brauche es marktwirtschaftliche Anreize, um netzdienliche Flexibilität für die Verteilnetze zu schaffen und so die vorhandenen Kapazitäten besser nutzen zu können. „Derzeit ist die Netzinfrastruktur nicht auf die künftigen Strommengen ausgelegt“, so Hüneburg. Bis 2045 müsse das Stromnetz dafür etwa auf das Doppelte ausgebaut werden.