Expertenwissen

EMS

Jeder spricht über den Chipmangel. Michael Velmeden, Geschäftsführer von cms electronics, hingegen fragt, wie wir ohne Elektronikfertigungskompetenz in Europa das Ziel der All Electric Society erreichen wollen. 

Für Elektromobilität, Smart Living und eine effiziente Infrastruktur für Energie und Kommunikation, für mehr Energieeffizienz und mehr alternative Energien brauchen wir neue Ideen, um nachhaltiger und digitaler zu werden. Es reicht aber nicht, wenn wir hierzulande nur die geistige Wertschöpfung haben. Wir müssen auch real etwas umsetzen und die vielen einzelnen Komponenten selbst bauen können. Dafür benötigen wir die Electronic Manufacturing Services (EMS) auch in Europa. 

Lange Zeit aber haben die Konzerne das vermeintlich langweilige Thema Produktion outgesourct, die EMS-Unternehmen in Deutschland sind eher klein. Während wir in der DACH-Region ungefähr 700 EMS-Hersteller haben, die insgesamt zwischen 13 und 15 Milliarden Euro Umsatz machen – in ganz Europa werden knapp 50 Milliarden Euro umgesetzt –, erzielt allein der weltweit größte Anbieter Foxconn mehr als 140 Milliarden US-Dollar. Das chinesische Unternehmen ist also fast drei Mal so groß wie alle europäischen Firmen zusammen.

Der EU Chips Act soll nun die heimische Halbleiterproduktion ankurbeln. Ohne die nächste Wertschöpfungsstufe wird es aber nicht gehen. Für die All Electric Society müssen die EMS-Unternehmen mit ihrer Technologie- und Anwendungskompetenz die Geräte, Module und Systeme für alle Bereiche der Elektronik auch in Europa entwickeln und fertigen.

 


Meilenstein

1993

Quantensprung bei der Effizienz: Als blaue Leuchtdioden auf den Markt kamen, wurde stromsparendes LED-Licht möglich.

 

Seit mehr als 50 Jahren werden Leuchtdioden (Light Emitting Diodes, LEDs) eingesetzt. Schnell gab es rote, grüne und gelbe Vertreter dieser neuen Lichtquelle. Nur die blaue Variante ließ lange auf sich warten – denn es war lange nicht möglich, das kurzwellige Licht effizient zu erzeugen. Vor 30 Jahren kam der Durchbruch: Nachdem es japanischen Forschern gelungen war, praxistaugliche blaue LEDs herzustellen, brachte die Nichia Corporation 1993 die ersten Exemplare auf den Markt. Dadurch konnten auch weiße LEDs hergestellt werden. In ihnen sitzen entweder rote, grüne und blaue LEDs, oder nur eine blaue LED erzeugt mithilfe eines Leuchtstoffs das weiße Licht – mit einem Wirkungsgrad von maximal 40 Prozent. Bei einer Glühbirne liegt dieser bei nur fünf Prozent. Erst die Weltpremiere 1993 machte es möglich, dass Straßen und Wohnungen heute mit energieeffizienten weißen LEDs erleuchtet werden. So führte die Erfindung der blauen LED dazu, dass die weltweiten CO2-Emissionen um mehr als zwei Prozent reduziert werden konnten.
 


Schaltzeichen

NAND-Gatter

Selbst die komplexesten digitalen Lösungen beruhen auf einfachen Bausteinen. Das NAND-Gatter ist ein typisches Beispiel.

Die Digitalisierung macht Smartphones oder Künstliche Intelligenz erst möglich. Unter der Oberfläche lassen sich selbst komplexe Anwendungen meist auf das Zusammenspiel unzähliger einfacher Bausteine zurückführen. Einer dieser unbesungenen Helden ist das NAND-Gatter: Meist hat es zwei Eingänge, an denen jeweils einer der beiden logischen Werte 0 oder 1 anliegt. Sein Ausgang wird nur dann 0, wenn beide Eingänge 1 aufweisen. Eine höchst einfache Verknüpfung, aus der sich aber – im Verbund mit den ebenfalls sehr einfachen NOR- und NOT-Gattern – beispielsweise Mikroprozessoren aufbauen lassen. Der Name NAND leitet sich aus der Verknüpfung ab: Zuerst prüft die Schaltung, ob beide Eingänge auf 1 liegen, und ermittelt in diesem Fall das Zwischenergebnis 1 (AND). Im nächsten Schritt kehrt sie das Ergebnis dann einfach um, sodass aus der 1 eine 0 wird (NOT). Am Ende hat man NOT-AND, kurz NAND. Das Ergebnis wird dann an die nächste Stufe der Schaltung weitergereicht, wo schon weitere Gatter warten – um Schritt für Schritt eines der digitalen Wunder unserer Zeit zu ermöglichen.


Graphiken von oben nach unten: cms electronics/Rene Knabl | shutterstock.com/Sirisako Studio | ZVEI/ Barbara Geising

 

Dieser Text ist in der Ausgabe 2.2023 der ampere am 2. Oktober 2023 erschienen.



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