Luft nach oben
Hohe Rechtssicherheit auf der einen, viel Bürokratie auf der anderen Seite: Deutschland zeigt bei den Standortfaktoren ein gemischtes Bild
ampere 2025
Briefing
Unsere These:
Wir müssen umsteuern – und zwar schnell.
Weniger Bürokratie und mehr Freiheit für Unternehmen: Das ist die Formel für Innovationen und wirtschaftlichen Erfolg. Die neue Bundesregierung muss schnell eine Effizienzwende einleiten – sonst werden Deutschland und Europa von anderen Weltregionen abgehängt.
Ernüchternde Zahlen präsentierte Ende 2024 die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Deutschland werde 2025 so langsam wachsen wie keine andere Industrienation. Laut OECD-Berechnungen dürfte das Bruttoinlandsprodukt lediglich um 0,7 Prozent zunehmen. Der Jahreswirtschaftsbericht für 2025 geht von einem Wachstum von nur 0,3 Prozent aus. Für die Länder der Euro-Zone erwartet die OECD ein durchschnittliches Wachstum von 1,3 Prozent – darunter 2,3 Prozent in Spanien, 2,2 Prozent in Griechenland und 1,6 Prozent in den Niederlanden. Für die Weltwirtschaft und die G20-Staaten geht die OECD von einem Wachstum von 3,3 Prozent aus.
Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Aussichten macht wieder das Wort vom „kranken Mann Europas“ die Runde – ähnlich wie vor rund 25 Jahren, als Deutschland schon einmal zum Problemfall des Kontinents geworden war. Die Rote Laterne beim Wachstum ist aber kein Schicksal. Denn die neue Bundesregierung hat es in der Hand, die Lage schnell zu verbessern. Gefragt ist eine spürbar höhere Effizienz in zahlreichen Bereichen – von der Bürokratie über die Rahmenbedingungen für Investitionen, die Unterzeichnung neuer Handelsabkommen bis hin zur weiteren Elektrifizierung und zur KI-Nutzung. Eine solche Effizienzwende würde Deutschlands Wirtschaft nachhaltig stärken und wieder auf einen soliden Wachstumskurs bringen.
Zum einen geht es bei der Effizienzwende darum, Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zurückzudrehen. Insbesondere die Bürokratie ist in vielen Feldern aus dem Ruder gelaufen, die Stichworte lauten: europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und europäischer Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Hier kann die Bundesregierung einerseits auf EU-Ebene aktiv werden und andererseits die oft überzogene Umsetzung in nationales Recht stoppen (siehe auch Berlin Insights auf Seite 28).
Zum anderen muss die Politik konsequent Impulse für mehr Wachstum setzen. Das hat zum Teil ebenfalls mit der Begrenzung der Bürokratie zu tun. Beispiel AI Act: Die Europäische Union hat das weltweit erste umfassende Regelwerk für den Einsatz Künstlicher Intelligenz eingeführt. Zwar ist ein Rahmen für KI-Anwendungen durchaus wichtig, er darf aber nicht zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, wie bei den geplanten Regelungen für „Hochrisiko-KI“. Neben einer sinnvollen Regulierung sind Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Konnektivität, Cybersicherheit sowie Automatisierungs- und Simulationstechnologien entscheidend, damit Industrial AI ihr Potenzial vollständig entfalten kann. Dazu gehören auch vertrauenswürdige Recheninfrastrukturen für die Entwicklung industriespezifischer KI-Modelle.
Staatliche Unterstützung ist wichtig – aber am Ende wird ein künftiger Aufschwung von privatwirtschaftlichen Investitionen getragen. Hier kann die neue Bundesregierung beispielsweise durch eine grundlegende Reform der Unternehmenssteuern und Investitionsprämien dringend benötigte Anreize schaffen. Fällt sie die richtigen Entscheidungen, kann die Umkehr noch gelingen. Denn: „Es gibt kaum ein Land, das so wie wir alle Möglichkeiten hat, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen“, sagt ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel (im Zwiegespräch auf Seite 24). Die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie sind jedenfalls wie kaum eine andere Branche in der Lage – und bereit –, der Effizienzwende mit innovativen Technologien einen Schub zu geben.
Text: Christian Buck Grafik Barbara Geising Illustration iStockphoto.com/ uzenzen
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2025 am 24. März 2025 erschienen.
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